vom 19.04.2024

Gedemütigt, vertrieben und ermordet

Neue Erinnerung an Landjuden

Siegburg. Der Geschichtsverein unterwegs im Osten des Kreisgebiets. Die Gruppe besuchte am Mittwoch in Windeck-Rosbach das Museum für die Landjuden an der Sieg. Der vor 30 Jahren im einstigen Wohnhaus der Familie Seligman eingerichtete Erinnerungsort hat nach Schließung und aufwändigen Umbauten die finale Phase der Neugestaltung erreicht und kann in Kürze Wiedereröffnung feiern.

Die Ausstellung behandelt am Beispiel der weit verzweigten Seligmanns die Themen christlich-jüdisches Zusammenleben bis 1933, Sabbatkultur, Emigration, Deportation und Vernichtung. Die Familie war in Rosbach be- und anerkannt, einer sang im Chor, ein anderer hütete das Fußballtor. Ihren Unterhalt verdienten die Männer mit Vieh- oder Textilhandel. Im Zuge des Novemberpogroms scheuchte man sie aus ihren Häusern auf den Dorfplatz, verpasste ihnen vor aller Augen Schläge und Tritte, sperrte sie in Ermangelung einer Zelle ins Spritzenhaus, verfrachtete sie - via Köln und zunächst vorübergehend - ins KZ Dachau. Die für den Abtransport nötigen LKW bezahlten die örtlichen Parteiverantwortlichen von dem Geld, das sie ihren jüdischen Mitbürgern entrissen. 

Die Wege der Familienmitglieder Seligmann führten später weiter in den Tod im Rigaer Ghetto, ins rettende inländische Versteck oder ins Exil nach Argentinien. Die Argentinier kehrten nach unglücklichen Jahren mühseliger Pionierarbeit ins Land der Täter zurück. 

Täter, ein gutes Stichwort: Nach 1945 konfrontierten jüdische Überlebende die Behörden mit den allseits bekannten Namen der Rosbacher Synagogenbrandstifter. Anzeige und Verurteilung folgten, das schlappe Strafmaß glich dem für Diebstahl einer Kiste Birnen.

Heute fährt die Polizei bis zu achtmal täglich am kleinen Haus mit großer Geschichte vorbei. Wohl auch wegen dieser Schutzmaßnahmen sei es bislang nur zu einem nennenswerten Vorfall gekommen, berichtete Dr. Claudia Maria Arndt, die als Archivarin des Rhein-Sieg-Kreises mit der Geschäftsführung der Gedenkstätte beauftragt ist. Jugendliche schmierten ein Hakenkreuz an die Fassade. Sie wurden ermittelt und vom Richter vergattert, Spenden zu sammeln. Für den Förderverein der von Ihnen verunstalteten Institution.

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