vom 16.03.2024

Das chinesische Geschenk

An einem Mittwoch in Wuppertal

Siegburg. Nein, Wuppertal an einem Regentag ist keine Reise wert. Aber ja, Wuppertal an einem Regentag ist auf jeden Fall eine Reise wert! 

Der Siegburger Geschichtsverein visitierte am Mittwoch ganztägig im Tal der Wupper. Im Stadtteil Barmen, um genau zu sein. Hier steht das Haus, das an Friedrich Engels erinnert. DER Friedrich Engels, der zusammen mit Karl Marx - den der Millionär und Miteigentümer einer Textilfabrik in Manchester großzügig alimentierte - das Kommunistische und andere Manifeste veröffentlichte. 

Die Bibel der Bibellosen lagert dünn und vergilbt in der Vitrine der biedermeierschen Industriellenherberge, die Immobilie trägt die Schindel-Handschrift des "Bergischen Barock". Draußen im Engelsgarten, einer verkehrsumtosten Grünanlage, die jene Wuppertaler mit Zeit, Hang zu alkoholischen Dosengetränken und legerem Beinkleid frequentieren, steht eine gewaltige Statue. So haben Ost-Berlin, Moskau, Hanoi oder Peking ausgesehen, tun es vielleicht noch heute. Das mulmige Gefühl verschwindet, als der Gästeführer die Denkmalsgeschichte erzählt. Sie ist zeitgeistig-lustig und geht so: 2010 besucht eine hochrangige chinesische Polit-Delegation Wuppertal, das offizielle Gratulationskommando der Volksrepublik zu Engels' 190. Geburtstag. Wen die Vorreiter des Staatskapitalisten nicht finden, ist - Engels! Vier Jahre später kommt ein beinahe tonnenschweres Geschenk aus Fernost an, das in Wuppertal eigentlich niemand braucht. Mit einem Übergabe-und-Einweihungstermin, der vom Bürgermeister freundliches Weglächeln verlangt. Jetzt steht er da, der "große Fritz", sehr nachdenklich verfolgt er den Gang der Welt. Was er zur nächsten Ausbaustufe des Kapitalismus, der KI-Revolution, sagen würde?

Foto: Aufmarsch am Denkmal. Der Siegburger Geschichts- und Altertumsverein nähert sich Friedrich Engels (1820-1895).

An einem Mittwoch in Wuppertal, Teil 2
Die mobile Revolution

Siegburg. Nächste Etappe des Geschichtsvereinsbesuchs: das Schwebebahnmuseum "Schwebodrom", eingeweiht erst vor einem halben Jahr. Absolut erlebenswert ist die Installation des Lichtkünstlers Gregor Eisenmann. Der Besucher wird fortgerissen in einem Strudel der Entwicklungen, die mit der Postkutsche im frühen 19. Jahrhundert beginnt und mit den ersten Flugzeugen endet. Gleichzeitig wird gehämmert, geschraubt, Motoren dröhnen. Als die Schwebebahn 1901 in Betrieb genommen wird, haben Elberfeld, Barmen, Cronenberg, Ronsdorf und Vohwinkel (Wuppertal gibt's erst seit 1929) mit den Städten, die der "Travel-Influencer" Karl Baedeker in vorindustrieller Zeit beschrieb, nichts mehr zu tun.

An einem Mittwoch in Wuppertal, Teil 3
Durch das Jahr 1929 geschwebt

Siegburg. Hauptattraktion des Schwebebahnmuseums ist die virtuelle Fahrt durch das Jahr 1929 mit der VR-Brille. Das Ufer ist komplett in der Hand der Textilfabriken, es qualmt, es pufft, es rattert und quietscht. Der Fluss ist schwarz wie die Nacht oder rot wie Blut, abhängig vom jeweiligen Produktionsprozess. Die Zusammenlegung der Hauptorte Barmen und Elberfeld führt zur Einrichtungsverdopplung - Theater, Rathäuser, alles in zweifacher Ausfertigung vorhanden. Daneben pulsierendes Straßenleben. Ein Taschendieb rennt davon, eine Werkhalle fängt Feuer. Großes Kino.

Geschichts- und Altertumsverein für Siegburg und den Rhein-Sieg-Kreis
Schwebodrom
Museum Industriekultur Wuppertal: Engels-Haus

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53721 Siegburg

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