Auf Zeitreise

Siegburg. Konzentriert steht Thilo, elf Jahre alt, vor dem Holzblock, aus dem er in den letzten Tagen einen Delfin herausgearbeitet hat. Mit der Feile glättet er nun die Oberfläche. "Man sieht: das wird einmal ein Bildhauer!", freut sich Martina Clasen, die zum 20. Mal die Zukunftswerkstatt auf dem Michaelsberg durchführt. An anderer Stelle wird Musik einstudiert, eine Budenstadt errichtet, aus "Krempel" entstehen Skulpturen. Oder, neu in diesem Jahr: Es werden Bilder gemalt. Die Pänz im Alter von sechs bis 15 Jahren werden hier von Lukrezia Krämer angeleitet, einer jungen, doch bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnete Absolventin der Kunstakademie Düsseldorf. 

Das Prinzip der Zukunftswerkstatt ist einfach: Die Teilnehmer - jede Woche tummeln sich 140 auf der Wiese zwischen KSI und Spielplatz - wählen aus, was sie gerne ausprobieren möchten, wechseln nach Lust und Laune. Etwa zwei Drittel sind, wie Thilo, Jahr für Jahr dabei. Und manche bleiben auch nach ihrem 16. Geburtstag der Sommerferienaktion treu, wechseln in den Betreuerstab, unterstützen die Künstler (der älteste, Bildhauer Dirk Müller, ist 63).

In diesem Jahr widmet sich die Zukunftswerkstatt dem Thema Zeitreisen. So tanzen die Kids zu ABBA oder töpfern anhand steinzeitlicher Vorbilder. Ein Zeitreiseportal, in dem mittlerweile 400 Fahnen, auf denen die Pänz ihre Visionen für die Zukunft auf Stoff gebracht haben, im Wind wehen (Foto) und das ein wenig an ein Christo-und-Jeanne-Claude-Werk erinnert, knüpft mehrfach an den runden Geburtstag der Aktion an. So begann die erste Zukunftswerkstatt im Sommer 2003 mit einer Spende der Bonner Fahnenfabrik, die Tücher wurden spinnennetzartig am Michaelsberghang ausgebreitet. "Wir möchten die Energie von vielen nutzen, um über drei Wochen ein gemeinsames Kunstwerk zu schaffen", erläutert Clasen, "die Kinder sollen erleben, wie es ist, gemeinsam an einem großen Objekt zu arbeiten."

Ach ja - übers Wetter müssen wir in diesem Sommer natürlich auch noch reden. "Für uns kein Thema!", versichert Clasen. Nicht nur wegen der Zelte, unter denen während der teils kräftigen Schauer Schutz gesucht werden kann. "Vielen Kindern macht der Regen deutlich weniger aus als den meisten Erwachsenen. Die Pänz kommen abends nass und dreckig, aber glücklich nach Hause - und stehen am nächsten Morgen wieder mit einem Strahlen im Gesicht bei uns."

Die Zukunftswerkstatt 2023 endet am Samstag, 5. August, ab 18 Uhr mit einer Picknick-Party. Essen und Trinken müssen selbst mitgebracht werden, für Unterhaltung sorgen unter anderem Bands und Tanzgruppen der Zukunftswerkstatt, Klaus der Geiger mit Marius Peters sowie BenTai and the Remedy. Der Eintritt ist frei.