Ferienkurs in Demokratie

Siegburg. Demokratie in Gefahr? Die Debatte schwelt schon länger, spätestens seit den Flüchtlingsjahren 2015/16. Sie erhält mit der Wahl des ersten AfD-Landrats in Thüringen und der Veröffentlichung einer Studie, die eine latente Sehnsucht der Einwohnerschaft unserer fünf gar nicht mehr so neuen Bundesländer nach autoritärer Führung wissenschaftlich belegt, neue Nahrung. 

Blicken wir auf die Schlagzeilen des Bonner General-Anzeigers von gestern. Seite 4: "Öl im demokratischen Feuer". Der Artikel behandelt die gegenseitigen Schuldzuweisungen der etablierten Parteien nach dem AfD-Erfolg. Seite 21, Lokalteil, "Rechte Gruppe überklebt bunte Streifen". Aktivisten haben die in Bonner Bahnhofsnähe aufgebrachten Regenbogen-Zebrastreifen schwarzrotgolden umlackiert. Sie scheinen nicht verstanden zu haben, dass das kluge Werk unserer Verfassungsväter und -mütter (vier Frauen saßen 1948 im Parlamentarischen Rat!) den unterschiedlichsten Farben Platz einräumt. Schwarz, Rot und Gold nicht statt des Regenbogens, sondern oben drüber, als schützendes Dach. 

Noch ein Bonner Brennpunkt: Das Nicolaus-Cusanus-Gymnasium in Godesberg. Nachdem in den letzten Wochen über das aggressiv-einschüchternde Verhalten strenggläubiger Muslime gegenüber ihren Mitschüler/innen berichtet wurde, geht es jetzt in die andere Richtung: Ein Vater wirft der Schule antimuslimischen Rassismus vor und beklagt laut Überschrift ein "Toxisches Klima". Die als beschaulich geltende Bundesstadt eignet sich hervorragend als Beispiel für das komplizierte Mit- und Gegeneinander in unserer Gesellschaft. 

Warum die lange Vorrede? Weil Mini-Siegburg auf dem Brückberg, die von Kindern im Grundschulalter unter Anleitung des Evangelischen Jugendwerks gegründete Stadt, ein Ferien-Projekt ist, das genau diesen bedenklichen Entwicklungen entgegensteuern will. Die Pänz haben Spaß, der steht im Vordergrund. Aber sie lernen auch eine respektvolle Diskussionskultur. Sie lernen, sich einzumischen und einzusetzen für ihre Zeltstadt. Sie lernen, was es heißt, Verantwortung für einen bestimmten Bereich der Stadt zu übernehmen und die Verantwortung durchzuhalten. Am Ende steht die Einsicht: Demokratie ist vieles. Einfach ist sie nicht. Fragen Sie mal Vito, den Bürgermeister.