vom 15.05.2023

Von Rahns Schuss zu Clemens' Hofstaat

Gaststätte "Zum alten Stallberg" wurde zweimal geboren

Siegburg. ESC? Reden wir nicht drüber. Letzte Fußball-WM oder EM? Von den Resultaten her fast so übel wie der ESC. Zumindest bei den Männern. Es gab sie trotzdem, die Zeiten, in denen kollektive Fernsehereignisse kollektiven Jubel hervorriefen. Der 4. Juli 1954 war so ein Datum. Wunder von Bern und Geburtsstunde der Bundesrepublik, so sagen viele.

Obwohl die "Gemütliche Ecke", heute Gaststätte "Zum alten Stallberg", am 15. Mai 1953 die Konzession erhielt, also heute den 70. Geburtstag feiert, war dieser 4. Juli 1954 die eigentliche Geburtsstunde der Kneipe. Hier stand einer der wenigen Fernsehapparate. Hier quetschten sich die Gucker, lagen sich in den Armen, als Rahn aus dem Hintergrund schießen musste. Und dann tatsächlich schoss.

Lokaltermin bei Frank Pritz (Foto). Drei Würfe auf der Kegelbahn, die bescheinigen, dass man viel zu lange nicht mehr in die Vollen gegangen ist. Dann Gespräch zum 70. Geburtstag. Pritz kramt in den Erinnerungen, erzählt von den Großeltern Helene und Walter, die ihre Jobs als Hutmacherin und Schlosser bei Mannstaedt sausen ließen, um einem Notstand zu begegnen: "Es gab nur eine Kneipe auf dem Stallberg. Auf Dauer untragbar, dachten die beiden. Sie eröffneten selbst eine."

1964, im Siegburger Jubeljahr, übernahmen Pritz' Eltern Karin und Walter die Geschicke, Jahrzehnte lang bildeten sie das stadtbekannte Thekentandem. Schwarzweiße und bunte Fotografien zeigen Tische mit Luftschlangen im Fasteleer. Eine hinter Glas verwahrte Fahne des längst nicht mehr existenten Stallberger Junggesellenvereins verweist auf die Funktion als Vereinstreffpunkt. Pritz zählt auf: "Blindenverein und Lustige Weiber, Segelclub, Ehrengarde und natürlich die Stallberger Bürgergemeinschaft - alle waren bzw. sind unsere Gäste." 

In der Kirmeszeit serviert die Küche traditionell Sauerbraten vom Pferd und Backfisch. 2023 dürfen sich die Gäste auf Einlagen der Music Factory und der Siegburger Musikanten freuen. "Den 13. bis 15 Juli sollten sich unsere Stammgäste vormerken."

Karin und Walter Pritz starben vor Kurzem nacheinander, jetzt sind Frank Pritz und Gattin Martina die Verantwortlichen in dritter Generation. Die karnevalistische Orientierung verhalf dem Prinzenpaar von 2014/15 zu einem jecken Joint Venture. Clemens I. und Siegburgia Susanne I. erklärten den Alten Stallberg zur Hofburg. Von der Zeithstraße 336 aus verteilten sie den Frohsinn gleichmäßig übers Stadtgebiet. Mit Gefolge kehren die Narrenherrscher nach wie vor regelmäßig ein. Nur mit Bier auf die Kegelbahn, das ist selbst den Tollitäten nicht erlaubt. Die allzu breite Streuung - des überschwappenden Glasinhalts und der Versuche mit der Kugel - veranlassten Pritz zu der Spielregel. Die Einhaltung kontrolliert er penibel. 

Können Sie, werte Leserin und werter Leser, noch etwas mit dem gastronomischen Begriff "Jummiwoch" anfangen? Die letzte Woche im Monat heißt in rheinischer Mundart so. Die Gummiwoche ist das Schreckgespenst eines jeden Wirts. Das Geld des laufenden Monats ist weitestgehend ausgegeben, man wartet sehnsüchtig auf die nächste Lohntüte, verzichtet im Sinne der Wirtschaftlichkeit auf den Gang in die Wirtschaft. Zum Glück ist die nächste Jummiwoch noch ein Stück entfernt. Zum noch größeren Glück liegt das Fest der Väter Mitte, nicht Ende Mai. 

Kontakt

Stadtverwaltung Siegburg
Nogenter Platz 10
53721 Siegburg

+49 2241 102-0
+49 2241 102-1284
rathaus@siegburg.de
https://siegburg.de

Newsletter

Anmeldung
Jetzt für unseren täglichen Newsletter anmelden.


Newsletter-Archiv

Oben