vom 24.04.2023

Warum die Separatisten 1923 scheiterten

Frontkämpfer aus dem Weltkrieg vergruben sich im Siebengebirge

Siegburg. Die Nationalsozialisten schlachten sie aus, die Gefechte, die es im November 1923 im Siebengebirge zwischen rheinischen Separatisten und einer lokalen Bürgermiliz gab. Sie sind es, die aus ideologischen Gründen den Begriff der "Schlacht" prägen, bei der angeblich das Deutschtum verteidigt wurde. Auf die Spuren dieser Kämpfe im idyllischen Südteil der (nicht nur) siebenköpfigen Hügelkette begab sich in der letzten Woche der Siegburger Geschichts- und Altertumsverein. 

Rückblende ins Katastrophenjahr 1923. Ruhrbesetzung, Hyperinflation, Hitlerputsch. Weimar vor der Zerreißprobe. Im Rheinland erhalten die seit Weltkriegsende virulenten Bestrebungen, eigene Sache zu machen und den preußisch dominierten Staat zu verlassen, frische Nahrung. Freundliche Unterstützung erhalten die Anhänger einer rheinischen Republikloslösung von der französischen Besatzungsmacht.

Koblenz ist im Herbst 1923 ein Brennpunkt der Entwicklung. Von dort strömen die Separatisten rechts des Rheins gegen Norden, nehmen Rathäuser ein, hissen ihre Flagge in Grün, Weiß und Rot, den Farben des heutigen Nordrhein-Westfalens. Die Gruppe ist bewaffnet und motorisiert, doch ihre Organisation lässt zu wünschen übrig. Viel Spontanität, wenig Planung. Hauptprobleme sind fehlende Bezahlung und Hunger. 

Die Männer nehmen sich, was sie brauchen. Sie fangen an zu plündern. Schon in Rheinbreitbach gibt es Auseinandersetzungen mit der Bevölkerung. Beim Weg zu den vermutet randvollen Speichern und Scheunen im Siebengebirge verschärft sich die Situation. Die Bauern bilden ihrerseits Einheiten zur Abwehr. Wahrscheinlich mit Wurst und Käse als Lockmittel ziehen sie erfahrene Frontkämpfer aus dem Ersten Weltkrieg hinzu. Die heben Gräben aus, ganz so wie wenige Jahre zuvor in Ypern oder Verdun. Die Separatisten laufen oberhalb des Schmelztals geradewegs ins Feuer aus Gewehren, die seit 1918 gut versteckt auf ihren Einsatz warteten. Schrecklich: In blinder Wut jagt die Landbevölkerung den versprengten Separatisten nach, es kommt zu Lynchmorden. Die örtlichen Behörden tun alles, um die Bluttaten unter dem Teppich zu halten. 

Zurück in die Gegenwart. Mit dem exzellenten Siebengebirgskenner Elmar Scheuren fuhr der Geschichtsverein Stätten des Geschehens und Erinnerungsorte an. Die Kapelle im Zentrum von Rheinbreitbach. Oder den Aussichtpunkt Himmerich, an dem der erste NS-Bürgermeister von Bad Honnef einen Kult etablieren wollte (großes Foto). Zum Glück blieb er erfolglos. Schließlich besah man sich das schlichte Kreuz auf dem Friedhof in Aegiedienberg (kleines Foto), das an die 14 getöteten Separatisten erinnert. Es trägt keine Namen.

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