vom 14.11.2022

Gedenken in Nogent

Verbrüderung auf breiter Front

Siegburg. "A Nos Poilus" steht auf dem Gedenkstein, der in unserer Partnerstadt Nogent-sur-Marne an die gefallenen Soldaten des Ersten Weltkriegs erinnert. "A Nos" heißt "Für unsere", aber was ist "Poilus"? "Poilus" heißt so viel wie "Behaarte" und ist dem Umstand zuzuschreiben, dass es mit der Körperhygiene in den Schützengräben von Verdun und Ypern nicht weit her war. Poilus steht nicht nur für die ausbleibende Rasur. Das Wort ist ein Stellvertreterbegriff für Mut und Tapferkeit.

Bürgermeister Stefan Rosemann und sein Vize Oliver Schmidt nahmen die erneute Bürgermeistereinladung der französischen Freunde zum Gedenken an den Waffenstillstand am 11. November 1918 gern an. In seiner Ansprache ging Rosemann ein auf die anfängliche Kriegseuphorie in Deutschland. "Weihnachten sind wir wieder zuhause!", gaben sich im Sommer 1914 die Mobilgemachten siegesgewiss.

Ein knappes halbes Jahr später, an Weihnachten, waren sie nicht wieder zuhause. Mütter und Ehefrauen feierten mit den Kindern allein, der Ernährer saß an der Front. Die Tageszeitung, so Rosemann, sah sich in ihrer Weihnachtsausgabe genötigt zu erklären, wie Verlustlisten zustande kommen. "Die Siegesgewissheit erhielt erste feine Risse", so Rosemann weiter. "Die eher beiläufige Zeitungsmeldung nimmt vorweg, was noch kommen sollte. Der Mensch als militärisches Material. Als Teil einer Masse, die sinnlos hin- und hergeschoben wird. Der Kälte und Hitze ausgesetzt. Dem gegnerischen Granatfeuer. Dem Giftgas. Da ist nichts Heldenhaftes. Da ist nur Tod und Leid."

Blickt man genauer aufs Weihnachtsfest 1914 in den Gräben der Westfront, so wird man eines Wunders gewahr. Deutsche spielten Fußball gegen Franzosen und Engländer. Weihnachtslieder erklangen, mal von der einen Seite, bald von der anderen. Manchmal war es dasselbe Stück in unterschiedlichen Sprachen. Weil die Waffen schwiegen, konnten die Toten, die tagelang im Niemandsland der Front lagen, beerdigt werden. Man teilte den Inhalt der Päckchen aus der Heimat. Temporäre Verbrüderung auf breiter Front zwischen der Nordsee und den Vogesen. Momente der Würde in der Stillen Nacht. Rosemann: "Ab 26. Dezember ist das Weihnachtswunder mit dem ersten Kanonenschlag vorbei und endet erst im November, vier Jahre später. An dem Tag, den wir heute erinnern."

Bezugnehmend auf das aktuelle Geschehen in Osteuropa fand Siegburgs Bürgermeister klare Worte: "Putin hat die falschen Lehren aus der Geschichte gezogen. Die Geschichte nimmt er, um Kriegsführung zu rechtfertigen. Er nimmt die Geschichte nicht, wie wir Europäer es tun, um Kriege zu verhindern!"

Linkes Foto, v.l.: Bürgermeister Stefan Rosemann mit seinen Amtskollegen Jacques Martin, Nogent-sur Marne, und Piotr Roman, Bolesławiec/Bunzlau, daneben Jozef Pókładek, Vorsitzender des Bunzlauer Stadtrats, und Vizebürgermeister Oliver Schmidt. 

Rechts, v.l.: Die Bürgermeister der verschwisterten Städte Siegburg, Nogent-sur Marne und Bolesławiec/Bunzlau legten Kränze nieder.

Zum Weihnachtswunder folgender Buchtipp: "Der kleine Frieden im großen Krieg - Westfront 1914: Als Deutsche, Franzosen und Briten gemeinsam Weihnachten feierten", geschrieben vom langjährigen und mittlerweile verstorbenen Stern-Journalisten Michael Jürgs. Auch der Film "Merry Christmas" mit Benno Fürmann, Daniel Brühl und Diane Kruger widmet sich der unglaublichen, aber wahren Begebenheit.

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