vom 29.08.2022

30 Jahre Städtepartnerschaft mit Bolesławiec

"In der Not erkennt man Freunde"

Siegburg. "Wir teilen dieselben Wertvorstellungen. Wir glauben an denselben Gott. Heute sind wir Freunde und unsere Freundschaft hat einen hohen Reifegrad." Im kleinen Saal des Rhein Sieg Forums ist es mucksmäuschenstill, als Piotr Roman, Bürgermeister von Bolesławiec, am Samstagmittag ausführt, was für ihn die Partnerschaft mit Siegburg ausmacht. Gemeinsam mit dem Amtskollegen Stefan Rosemann setzt er die Unterschrift unter die Bekräftigungserklärung zur 1992 geschlossenen Partnerschaft. Seine Rede kommt an, weil er es schafft, die Beziehungen zwischen zwei Städten, zwischen zwei Staaten zu einem lebendigen Bild zusammenzusetzen. Ein Beispiel: Es gibt die Schlesier, deren Vertreibungsgeschichte im kollektiven Gedächtnis Deutschlands verankert ist. Es gibt aber auch die polnischen Schlesier, nach 1945 von den Sowjets aus ihrer Heimat im Ostteil des Landes weit nach Westen, ins vormals deutsche Bunzlau, verfrachtet. In der Städtepartnerschaft treffen sich die Gruppen, diskutieren über das Jetzt und das Früher, durchaus kontrovers, immer ehrlich. "Wir teilen das Los der Entwurzelung, des Neuankommenmüssens."

Angesichts des russischen Krieges in der Ukraine beschwört Roman einen starken Zusammenhalt. Er beschreibt die schwierige Arbeit des Bürgermeisters von Sbarasch, der westukrainischen Partnerstadt von Bolesławiec. "Niemand möchte das tun, was er in seiner Stadt tun muss. Zu den Familien gehen und ihnen sagen, dass der Vater, der Ehemann oder der Sohn im Krieg gefallen ist." Sechs Städte aus vier Ländern, darunter Siegburg, haben am 21. August Sbarasch ihre Solidarität erklärt.

In der Not erkenne man echte Freunde. Echte Freunde seien die Siegburger mit ihren Bürgermeistern Rolf Krieger (Ehrenbürger von Bolesławiec), Franz Huhn und Stefan Rosemann über die letzten drei Jahrzehnte immer gewesen. Bolesławiec hat im März zur Unterbringung ukrainischer Geflüchteter 100 Feldbetten aus Siegburg erhalten. Romans Dank gilt Rosemann und der Siegburger Verwaltung. "Wir beginnen eine neue Dimension der Partnerschaft. Vor 30 Jahren haben wir uns die Hand gereicht. Nun reichen wir die Hand jenen, die Hilfe benötigen."

Keine Frage: Ein besonderer, ein historischer Geist weht durch das Rhein Sieg Forum. Ganz so wie am 17. Oktober 1992, als Rolf Krieger und sein Bolesławiec-Pendant Josef Krol die Urkunde im Stadtmuseum mit ihren Namen wirksam werden ließen. Stefan Rosemann geht in seiner Ansprache darauf ein: "Es war fast ein wundersamer Zufall der Geschichte, dass just zu dem Zeitpunkt in Berlin der Staatsakt für den kurz zuvor verstorbenen Willy Brandt über die Bühne ging. Das Bild seines Kniefalls in Warschau, die großartige Geste der Bitte um Vergebung für die Nazigräuel, sie stand auch über der Feierstunde von Siegburg."

Rosemann erinnert an den ersten Austausch des Gymnasiums Alleestraße mit dem Lyceum in Bolesławiec, ebenfalls im Oktober 1992. "Die Siegburger Jugendlichen verloren und gewannen gleichzeitig: Sie verloren das Volleyballspiel gegen die Spezialisten des Lyzeums. Aber sie gewannen Freunde. An den damals noch neuen Heimcomputern, PC genannt, fand man sich ohne Probleme."

Heute stehen die damals 18-Jährigen mitten im Leben. Sie und ihre Kinder haben häufig Bezugspunkte in aller Welt. Rosemann: "Warum da noch eine Städtepartnerschaft, mag man ketzerisch fragen. Wir haben uns zu einer Partnerschaft 2.0 entschieden, weil wir noch immer glauben, dass Austausch in den Bereichen Schule, Sport, Musik oder Bildender Kunst nachwirkt. Bei der einen stärker, bei dem anderen schwächer. Aber er wirkt nach."

Ein wenige Monate alter Siegburger Erdenbürger im Publikum kann da nicht mehr stillhalten. Der Säugling will an die Mutterbrust, tut das offen kund. Geht er nach Polen, wenn er allein laufen, essen, reisen kann? Studieren in Wroclaw, das früher Breslau hieß? Seine Mutter ist Mitglied des Siegburger Partnerschaftsvereins, sie hat bei der letzten Reise gedolmetscht. 

Foto: Piotr Roman (l.) und Stefan Rosemann bei der Unterschrift der Bekräftigungsurkunde. Dass die Stadtwimpel nicht zum jeweiligen Stadtoberhaupt passten - verschmerzbar.  

Kontakt

Stadtverwaltung Siegburg
Nogenter Platz 10
53721 Siegburg

+49 2241 102-0
+49 2241 102-1284
rathaus@siegburg.de
https://siegburg.de

Newsletter

Anmeldung
Jetzt für unseren täglichen Newsletter anmelden.


Newsletter-Archiv

Oben