Siegburg sammelt auch für Amare
Sternsinger freuen sich auf Unterstützung
Siegburg. Nach Weihnachten und zum Beginn des neuen Jahres ziehen die Sternsinger (nicht nur) durch Siegburg, um Spenden für Kinder in ärmeren Teilen der Welt zu sammeln. 2022 steht die Aktion unter dem Motto "Gesund werden - gesund bleiben. Ein Kinderrecht weltweit", der Schwerpunkt liegt auf Afrika. In der Kreisstadt wir traditionell auch für das Kinderhaus Amare im brasilianischen Esperantina gesammelt. Von dort berichtet Gründer Johannes Skorzak in einem Brief an die katholische Kirchengemeinde St. Servatius über die Situation in einem von der Corona-Pandemie stark gebeutelten Land. Wir geben diesen gekürzt wieder:
"Kinder aus Elendsvierteln entbehrten der Schulspeisung und eines ordentlichen Mittagessens. In nicht seltenen Fällen wurden Kinder zu Hause von den eigenen Eltern in ihrer Hütte eingesperrt. Anderen gelang es, auf die Straße zu entkommen, um sich mit Gefährten zusammenzurotten und so zu überleben. Sie verkauften geröstete Maiskolben oder begingen kleine Diebstähle. Wieder andere wurden zum Zusammenleben auf kleinstem Raum mit Menschen gedrängt, welche ihnen, trotz einer häuslichen oder nachbarschaftlichen Nähe zueinander, nicht wohl gesonnen waren. Diese Kinder waren Missbrauch und Hunger ausgesetzt. Unserem Team waren die Hände gebunden, wurde uns doch von allen Seiten unausweichlich eingehämmert: Bleiben Sie zu Hause! Die öffentlichen Schulen schlossen und sind bis heute - nach 600 Tagen - noch immer geschlossen! In dieser Zeit sind ihre Dächer eingefallen, die Gebäude verfallen. Fernunterricht über das Internet ist lediglich Kindern wohlhabender Familien vorbehalten. 70 Prozent der Kinder haben keinen Kontakt mit der Schule.
Immer, wenn ich unseren Kindern draußen in der Stadt begegnete, erschrak ich. Ich fühlte mich miserabel. Der Schock löste mich aus psychischer Blockierung; ein Zögern gab es nicht mehr: Ich wusste plötzlich ganz genau, was ich zu tun hatte. Durch eine außerordentliche logistische Operation wurden 68.000 Mittagessen, täglich erst 100, später bis zu 400 - an die Kinder in ihre Hütten an der Peripherie oder im Landesinneren gebracht. Wir wurden von Motorradstaffeln unterstützt, die sich unter extremen Bedingungen an 340 Tagen - egal, ob unter glühender Äquatorsonne oder bei tropischem Unwetter - zu ihren Fahrten aufmachten. Dabei konnten hunderte kranke Kinder in Notsituation ausgemacht und ihnen mit psychologischen und ärztlichen Behandlungen geholfen werden. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erlebten schlimmes. Sie berichteten von Vergewaltigungsversuchen und Überfällen. Kinder mussten vor dem eigenen Vater in Sicherheit gebracht werden, weil er ihnen das Mittagessen 'abgejagt' hätte.
Am 3. Mai diesen Jahres konnten wir endlich wieder die Tore der Amare für die Kinder öffnen. Grundlage hierfür war eine Sondergenehmigung mit dem Argument, dass unsere Kinder besonders sozial verwundbar seien. Die psychischen Schäden, durch Angst und soziale Distanz entstanden, sind enorm. Das schulische Defizit ist wahrscheinlich für die meisten Kinder irreparabel. Über 50 Millionen brasilianischer Kinder aus sozial schwachem Milieu warten immer noch darauf, dass die letzten Lehrer und Kinder geimpft werden, um dann endlich wieder Schulunterricht bekommen zu können. Aber bis dahin müssten auch die Schulen renoviert worden sein ...
Dass die Hilfe möglich war, verdanken wir seit drei Jahrzehnten verlässlichen Helfern und Freunden aus der deutschen Heimat sowie der hell leuchtenden Solidaraktion der Siegburger Sternsingerinnen und Sternsinger. In tiefer Dankbarkeit und Verbundenheit wünsche ich Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest im Kreise der Menschen, die Sie lieben und die Ihnen anvertraut sind."
Wer die Sternsinger in diesem Jahr unterstützen möchte - in einigen Stadtteilen, beispielsweise auf dem Brückberg, in Kaldauen, Seligenthal und Wolsdorf, werden noch Aktive gesucht - wendet sich bitte direkt an die Ansprechpartner in den Vierteln, die Kontaktdaten finden sich online. Es gibt weder nach oben noch nach unten Altersgrenzen, auch Nicht-Katholiken sind herzlich willkommen. Die Sammelaktionen finden unter Berücksichtigung der Einschränkungen der Corona-Pandemie statt. So wird das Geld beispielsweise kontaktlos über einen Klingelbeutel übergeben, die einzelnen Gruppen nicht gemischt.
Foto: Die Sternsinger vom Deichhaus 2020.
Katholische Kirchengemeinde St. Servatius: Sternsingeraktion 2022
Katholische Kirchengemeinde St. Servatius: Amare-Weihnachtsbrief 2022
