vom 18.12.2021

Nach einer wahren Begebenheit

Geschichtsverein fand den Geist der Weihnacht im Bergischen Land

Siegburg. Heiligabend 1944, ein Bauernhaus im Bergischen Land. Die, die im Warmen sitzen, halten Ausschau nach einem Gefangenen auf Freigang. Sein Schicksal hat ihr Herz erweicht. Er kommt als Bettler. Immer wieder steht er da und hält stumm die Hand auf. Die Familie hat Streuselkuchen für ihn. Er soll etwas abbekommen vom Festtagsessen. 

Der Russe lässt auf sich warten. Andere, die mit ihm von der Wehrmacht verschleppt wurden und nun auf den Feldern der Deutschen schuften, sind vor ihm da. Hastig stecken sie den Kuchen in die Taschen ihrer zerschlissenen Kleidung und sind weg. Wenn sie ihre einfachen Wellblechhütten erreichen, fehlt von den Schweineschmalzstreuseln jede Spur. Hunger kennt keine Vorratshaltung.

Da klopft es bei der Bauernfamilie. Zaghaft pocht der erwartete Weihnachtsgast mit den knotigen, rissigen Knöcheln seiner Finger ans Fensterglas. Sein Gesicht sieht krank aus, der Bart verdeckt die eingefallenen Wangen. Bevor er nimmt, gibt er. Er hat ein Küchenbrett dabei. Selbst gemacht, natürlich. Kein einfaches Brettchen, ein liebevolles Stück Handwerk. Ein geschnitztes Huhn ist an der Schneidefläche befestigt. Es pickt auf die Platte. "Frohe Weihnachten", bringt er mühsam hervor. Er wechselt in die Zeichensprache, deutet auf den Enkel der Familie. Das Geschenk ist für ihn. 

"Frohe Weihnachten" antwortet der Bauer. Seine Augen glänzen. Er ist gerührt. Gebäck wandert über die Fensterbank. Sekunden später ist der Besucher zwischen Eichen und Kiefern verschwunden.

Weihnachtsgeschichten aus 50 Erscheinungsjahren der "65er Nachrichten" trug Stadtarchivar Jan Gerull am Mittwochnachmittag vor. Die Mitglieder des Geschichtsvereins hatten sich via Zoom zusammengeschlossen, ein ungeplanter Jahresabschluss. Eigentlich sollte es nach Aachen ins Kaiser-Karl-Forum und auf den Weihnachtsmarkt gehen. Die Pandemie verhinderte es. Die Alternative kam an beim guten Dutzend Zuhörer. Der in Kurzform umrissene Artikel "Weihnachten auf der Flucht" von Bernadette Schnüttgen stammt aus der Winterausgabe der "65er Nachrichten" im Jahre 1994. Oben das damalige Titelblatt. Die Zoom-Conférenciers waren sich einig: Besser als in Schnüttgens Kindheitserlebnis lässt sich die Botschaft der Weihnacht nicht transportieren. Über den Link zur Onlineausgabe der aktuellen "65er Nachrichten". 

Winterausgabe der "65er Nachrichten"

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