Lobeshymnen für toxisches Beziehungsdrama
Starker Noethen las aus "Kreutzersonate"
Siegburg. Die Konzertreihe "Resonanzen" im Stadtmuseum mal nicht rein klassisch, sondern klassisch-literarisch. Am Mittwochabend las Ulrich Noethen (Foto: © Benno Kraehahn) Auszüge aus der Erzählung "Kreutzersonate". Im Wechsel dazu erklang Beethovens gleichnamige Violinsonate A-Dur op. 47. Noethens Rezitationen wurden von Diana Tishchenko an der Violine und Julien Quentin am Klavier begleitet.
Kreutzersonate - worum geht's da? Es ist die Geschichte einer toxischen Beziehung von Frau und Mann, aus der Perspektive des Letztgenannten. Aus Liebe wird Zweifel, aus Zweifel Misstrauen, die Eifersucht ist nicht weit und wächst ins Unermessliche. Am Ende ist der Hass so groß, dass der Ehemann ein Messer zückt. Beethovens "Kreutzersonate" bildet die Begleitmusik zur Attacke. Dunkel wie die russische Taiga im November, aber großartig - weil psychologisch profund - geschrieben. Kein Wunder, wenn der Autor Tolstoi heißt.
Heute würde man vor der Lektüre möglicherweise eine "Triggerwarnung" an die Jugend aussprechen.
Zurück zum Abend im Museum. Beim Publikum kam die Aufführung glänzend an. Ein Stammkunde schrieb:
"Als alter Westfale bin ich naturell gemäß nur sehr schwer zu beeindrucken, gestern Abend war das allerdings anders. Diese Veranstaltung gehört sicher zu einer der besten, die ich/wir in Ihrem Hause erlebt habe(n). Ganz großes Kino! Aus nächster Nähe zu sehen, wie der großartige Ulrich Noethen sich in die Person des Ich-Erzählers hineinsteigerte, hat mir den Schweiß auf die Stirn getrieben. Ich glaube das auch die wunderbaren Musiker von seinem Vortrag angerührt und angespornt waren. Ein grandioser Abend!
Vielleicht bieten andere Sujets ebenfalls die Möglichkeit zu Crossover-Veranstaltungen von Musik (Klassik/Jazz) und Literatur. Spontan fällt mir dazu zwar nur Lutz Görner ein, aber es dürfte sicher etliche andere Protagonisten geben. Und ich fand gestern den Rahmen des Forums angemessener als die Aula. Also bitte, mehr davon."
