vom 16.05.2020

Enthält Spuren von Nüssen

Archäobotaniker deckte auf, was Siegburg im Mittelalter aß

Siegburg. Was braucht man für die Bebauung eines Wohnquartiers? Stadtplanerische Arbeit, politische Entscheidungen, Investoren, Architekten. Und Archäobotaniker! Ein bekannter Vertreter dieser recht seltenen Berufsgruppe war Karl-Heinz Knörzer (1920-2009). Seine Stunde schlug mit der Bebauung des Areals zwischen Mühlenstraße, Zeughausstraße und Griesgasse Mitte der 1980er Jahre. 

Als bei Ausgrabungen im Januar 1985 südlich der Servatiuskirche ein Brunnen freigelegt wurde, sandte man ihm Bodenproben zu, er untersuchte sie auf sogenannte "subfossile Pflanzenreste". Dank Knörzers Funden können wir sagen, was man in Siegburg im Mittelalter aß. Der Brunnen dient als kommunizierende Röhre in die ferne Vergangenheit! 

152 Pflanzenarten wies Knörzer nach, die einen Blick in die Siegburger Küchen vom 10. Jahrhundert (!) bis nach 1580 ermöglichen. Roggen und nicht etwa Weizen war lange Zeit das wichtigste Getreide. Auch Hafer landete auf dem Teller. Als Brei. Beim Gemüse wird's exotisch. Sellerie, Runkelrübe, Kohl und Möhren sind noch heute im Supermarkt zu erstehen. Bei Portulak und Gemüse-Amarant, die Knörzer detektierte, ist das schwieriger.

Spuren von Apfel, Birne, Walnuss, Süßkirsche, Zwetschge, Pflaume und Pfirsich deuten auf Obstgärten hin. Wild wuchsen Haselnüsse, Schlehen, Brom- und Erdbeeren, die von Hecken und an Waldrändern gepflückt wurden. Traubenkerne lassen sich durch den Weinbau am Michaelsberg erklären, der nur einen Steinwurf entfernt liegt.

Gewürzpflanzen sind rar, Thymian ist zu nennen. Es handele sich, so Knörzer, um den regional ältesten Thymiannachweis. Er schreibt: "Man hatte in nachrömischer Zeit zwar die von den Römern ins Rheinland gebrachten mediterranen Gewürzpflanzen weiter kultiviert, doch scheinen sie an Bedeutung eingebüßt zu haben. Es fehlen hier Spuren von Koriander, Kümmel, Bohnenkraut und Petersilie."

Bemerkenswert hoch sei die Anzahl der Leinreste. Aus Kapselsplittern schließt der Archäobtaniker, dass Flachs weiterverarbeitet wurde. Ein Leinenweber muss ganz in der Nähe seine Werkstatt gehabt haben. Hat der Handwerker bei zu viel Arbeitsstress auf mittelalterliche Tranquilizer gesetzt? Gut möglich. Denn auch Mohn wurde angepflanzt, als Heil- und Beruhigungsmittel.  

Wer mehr lesen will: In den Heimatblättern des Rhein-Sieg-Kreises (Jahrgang 1994) hat Knörzer der Nachwelt hinterlassen, was im Siegburger Boden schlummert. Das Stadtarchiv sendet auf Wunsch den Aufsatz zu. Kontakt unter stadtarchiv@siegburg.deFoto: Ein Archäologe bei der Arbeit.

Archäologe in einem Grabungsloch

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