Siegburg. Im "Malocherland NRW", so die Worte des aktuellen Malocherlandesvaters, wird die aktive Beteiligung des Ministerpräsidenten am Tag der Arbeit erwartet. Hendrik Wüst fuhr pünktlich vor, entledigte sich für die Ansprache seines Jacketts, krempelte die Ärmel hoch und kippte vom Hochdeutschen ins westfälische Idiom seiner münsterländischen Heimat.
Seine größtenteils frei gehaltene, inhaltsvolle Rede schaffte es, die Knirschpunkte im alltäglichen Leben der Menschen mit der großen Politik in den Zusammenhang zu bringen. Die Belastung durch die hohen Energiekosten für das industrielle Herz unseres Staates, das nach wie vor zwischen Rhein und Weser schlägt, fand genauso Platz wie die Herausforderungen im Bildungssektor mit 100.000 Kindern in den Schulen, die unsere Sprache nicht altersadäquat sprechen. Es ging um das 500-Milliarden-Füllhorn und den dringend benötigten "Aufbau West", um die finanzielle Ausstattung der darbenden NRW-Kommunen ("Was in Berlin bestellt wird, muss auch von Berlin bezahlt werden") und um die Irr- und Sonderwege beim Datenschutz. Sein drastisches Beispiel hierzu handelte vom Gerichtsvollzieher, der morgens aus dem Haus geht und abends im Bestatterauto liegt, weil zwar eine Behörde über die Gewalttätigkeit der Person an seinem letzten Einsatzort Bescheid wusste, es aber nicht seine Behörde war. Der Datenaustausch fehlte, das Ende war tödlich. "Das kann nicht sein und wird geändert."
Bürgermeister Stefan Rosemann, auf unserem Foto bei der Begrüßung von Wüst hinter den Kulissen, eröffnet die Veranstaltung mit einer eindringlichen Warnung vor der Verrohung der Diskurskultur. "Unsere Demokratie lebt vom Streit. Aber sie stirbt am Hass."