Michaelsberg

Siegburg und der SV Elversberg

Siegburg. Heute Mittag, 13 Uhr, treffen im Rhein-Energie-Stadion der 1. FC Köln und die SV Elversberg aufeinander. Der Dritte gegen den Siebten, nur drei Punkte getrennt. Die Heimat der "Elv", wie der Club sich auch nennt, ist die saarländische Gemeinde Spiesen-Elversberg mit 13.000 Einwohnern. Seit 40 Jahren der kleinste Standort in der Zweiten Liga - bis auf das einjährige Gastspiel des FSV Salmrohr aus Rheinland-Pfalz. Als "Hobbits" der Liga werden die Elversberger zuweilen belächelt - und sind dennoch so erfolgreich. Wie ein kleines Wunder. So war es denn auch ein katholischer Pfarrer, der seinerzeit den Club maßgeblich mit aus der Taufe gehoben hat. Und dieser Geistliche hatte persönliche Bezüge zu Siegburg: Er war einst in den 1930er-Jahren der designierte neue Pfarrer für die Gemeinde St. Anno! Und das ist nicht der einzige Bezug zwischen Elversberg und Siegburg.

Rückblick auf die ersten Jahre des vergangenen Jahrhunderts: Das Interesse am Fußball, den stramme deutsche Turnerherren, schnauzgezwirbelt und in der Verehrung von Ordnung, Zucht und Kaiser erglüht, als "Fußlümmelei" diffamieren, wächst deutlich. Auch in Elversberg-Spiesen wird gekickt - auf Straßen, Wiesen und Feldern. Die spätere SV Elversberg wird 1907 unter dem Namen FC Germania Elversberg gegründet, doch der Erste Weltkrieg stoppt schnell alle Aktivitäten. 1918 der Neustart. Doch am Ort fehlt ein richtiger Fußballplatz. Und dessen Anlage ist umstritten. Gegen alle öffentlichen und privaten Widerstände setzt sich schließlich maßgeblich der katholische Geistliche Peter Schmitt, im März 1887 in Pachten/Dillingen geboren, durch. Ihm ist mitentscheidend zu verdanken, dass der Elversberger Fußball eine echte Heimstätte erhält: Den DJK-Sportplatz auf dem Mittelberg. DJK, das ist der Katholische Sportverband in Deutschland, und dessen Elversberger Kicker liegen dem katholischen Fußballfanatiker sehr am Herzen. "Er war wohl mehr auf dem Sportplatz als in der Kirche", scherzt der Siegburger Armin Hochgeschurz über seinen Großonkel. "Sportplatz an der Kaiserlinde" heißt das Areal, der Urgrund des Elversberger Fußballaufstiegs. Als "Förderer und Unterstützer" des Elversberger Fußballs wird der Seelsorger im städtischen Archiv gerühmt und nach seinem Tode setzten die Bürger ihm "in Treue und Dank" am Fußballplatz ein großes Denkmal. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlauben die Besatzungsmächte den Zusammenschluss der Elversberger Sportvereine, auch aus der DJK geht die heutige SV hervor.
Zurück zum Siegburg-Bezug. Irgendwann fällt Peter Schmitt die Entscheidung, Elversberg zu verlassen. In seiner Heimat hat er sich nicht nur einen Namen als Fußballanhänger gemacht, er tritt als unerschrockener und mutiger Kämpfer gegen die Nazis auf. Im Elversberger Stadtarchiv heißt es: "Als Gegner der Nationalsozialisten ließ er keine Gelegenheit aus, sie anzugreifen. 1930 forderte er die Nazis in einer Predigt heraus, indem er sagte: Schlagt die Hakenkreuzler mit Knüppeln zum Dorf heraus." Die örtliche NSDAP-Kampfgruppe reagiert, in einem braunen Flugblatt heißt es: "Auch dieser Pastor Schmitt von Spiesen wird die nationalsozialistische Lawine, welche stündlich und immer weitere Volksteile erfasst, nicht aufhalten können. Darum Volksgenossen, gebt diesem kleinen Pastor mit dem großen Machtdünkel die richtige Antwort." In dem Schmierpamphlet verunglimpfen die Nazis Juden und NS-Gegner. Die historische Bewertung auf den städtischen Archivseiten: "Es ist der Versuch, sich zu Opfern derjenigen zu stilisieren, die sie vertreiben, unterdrücken und vernichten wollen."
Schmitt jedenfalls hat für 1931/32 fest die Pfarrstelle in St. Anno in Siegburg in Aussicht. Doch der Tod ist schneller: Er stirbt mit nur 43 Jahren am 30. April 1931 in Spiesen an einer Thrombose. Die Nazi-Verwaltung lässt das ein Jahr nach seinem Tod am Sportplatz errichtete Denkmal aus Rache abräumen, später wird es an der Pfarrkirche neu aufgebaut. Wenn auch Peter Schmitt seine Seelsorge-Tätigkeit in Siegburg nicht beginnen kann, die Verbindung der Schmitts nach Siegburg ist nicht zu Ende. Seine Schwester Anna Schmitt fand den Weg in die Kreisstadt - aus Liebe. "Mein Opa hat sie nach Siegburg gelockt", berichtet Armin Hochgeschurz, der auf der Steinbahn aufgewachsen ist und in den 1980er-Jahren am Anno sein Abitur ablegte. Der Opa, das war der Zimmermann Johannes Hochgeschurz aus der Waldstraße. In den 1950er-Jahren feierte er das 300jährige Jubiläum der familiären Zimmermannstradition, im Siegkreis war er Innungsmeister. 1937, so Armin Hochgeschurz, rissen die Nazis den Großvater aus seinem Betrieb und zwangsverpflichten ihn nach Wilhelmshaven, zum U-Boot-Bau für die Kriegsmarine. Offenbar eine Rachereaktion auf das Verhalten des Vaters von Johannes Schmitz, des Urgroßvaters von Armin Hochgeschurz. Anna Schmitt hatte ihren Vater nach eigenem Umzug und der Heirat in die Kreisstadt nachgeholt. Und der Elversberger Urgroßvater von Armin Hochgeschurz, Johann Schmitt, war ähnlich unbeugsam und demokratisch entschlossen, wie dessen Sohn, der Pfarrer Peter Schmitt. Armin Hochgeschurz berichtet: "Als Zentrumsanhänger und Hitler-Hasser hat er in der Waldstraße oft laut über Hitler hergezogen, sodass die Nachbarn meine Oma öfters gewarnt haben." Bis in die 1940er-Jahre lebte Johann Schmitt in der Waldstraße, wurde von seiner Tochter, der Schwester des historischen Mitbegründers Elversberger-Fußballerfolgs, Peter Schmitt, betreut.
Sowohl familiäre Bezüge zum Saarland im Allgemeinen und zum Elversberger-Fußball im Besonderen - dennoch drückt Armin Hochgeschurz heute Mittag den Geißböcken die Daumen. Schließlich ist er FC-Anhänger und seit vielen Jahren Mitglied des Siegburger FC-Fan-Clubs "Semper Colonia."
Großes Foto: Elversberg-Vorgängerteam DJK Spiesen als "Gau-Meister", der Zweite von links mit Hut in der Hand ist der mutige Pfarrer und begeisterte Fußballfanatiker Peter Schmitt. Kleines Foto: "In Treue und Dank", Denkmal für den Pfarrer, noch steht es am Fußballplatz.





Siegburg. Heute Mittag, 13 Uhr, treffen im Rhein-Energie-Stadion der 1. FC Köln und die SV Elversberg aufeinander. Der Dritte gegen den Siebten, nur drei Punkte getrennt. Die Heimat der "Elv", wie der Club sich auch nennt, ist die saarländische Gemeinde Spiesen-Elversberg mit 13.000 Einwohnern. Seit 40 Jahren der kleinste Standort in der Zweiten Liga - bis auf das einjährige Gastspiel des FSV Salmrohr aus Rheinland-Pfalz.  Als "Hobbits" der Liga werden die Elversberger zuweilen belächelt - und sind dennoch so erfolgreich. Wie ein kleines Wunder. So war es denn auch ein katholischer Pfarrer, der seinerzeit den Club maßgeblich mit aus der Taufe gehoben hat. Und dieser Geistliche hatte persönliche Bezüge zu Siegburg: Er war einst in den 1930er-Jahren der designierte neue Pfarrer für die Gemeinde St. Anno! Und das ist nicht der einzige Bezug zwischen Elversberg und Siegburg.

Rückblick auf die ersten Jahre des vergangenen Jahrhunderts: Das Interesse am Fußball, den stramme deutsche Turnerherren, schnauzgezwirbelt und in der Verehrung von Ordnung, Zucht und Kaiser erglüht, als "Fußlümmelei" diffamieren, wächst deutlich. Auch in Elversberg-Spiesen wird gekickt - auf Straßen, Wiesen und Feldern. Die spätere SV Elversberg wird 1907 unter dem Namen FC Germania Elversberg gegründet, doch der Erste Weltkrieg stoppt schnell alle Aktivitäten. 1918 der Neustart. Doch am Ort fehlt ein richtiger Fußballplatz. Und dessen Anlage ist umstritten. Gegen alle öffentlichen und privaten Widerstände setzt sich schließlich maßgeblich der katholische Geistliche Peter Schmitt, im März 1887 in Pachten/Dillingen geboren, durch. Ihm ist mitentscheidend zu verdanken, dass der Elversberger Fußball eine echte Heimstätte erhält: Den DJK-Sportplatz auf dem Mittelberg. DJK, das ist der Katholische Sportverband in Deutschland, und dessen Elversberger Kicker liegen dem katholischen Fußballfanatiker sehr am Herzen. "Er war wohl mehr auf dem Sportplatz als in der Kirche", scherzt der Siegburger Armin Hochgeschurz über seinen Großonkel. "Sportplatz an der Kaiserlinde" heißt das Areal, der Urgrund des Elversberger Fußballaufstiegs.  Als "Förderer und Unterstützer" des Elversberger Fußballs wird der Seelsorger im städtischen Archiv gerühmt und nach seinem Tode setzten die Bürger ihm "in Treue und Dank" am Fußballplatz ein großes Denkmal. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlauben die Besatzungsmächte den Zusammenschluss der Elversberger Sportvereine, auch aus der DJK geht die heutige SV hervor.

Zurück zum Siegburg-Bezug. Irgendwann fällt Peter Schmitt die Entscheidung, Elversberg zu verlassen. In seiner Heimat hat er sich nicht nur einen Namen als Fußballanhänger gemacht, er tritt als unerschrockener und mutiger Kämpfer gegen die Nazis auf. Im Elversberger Stadtarchiv heißt es: "Als Gegner der Nationalsozialisten ließ er keine Gelegenheit aus, sie anzugreifen. 1930 forderte er die Nazis in einer Predigt heraus, indem er sagte: Schlagt die Hakenkreuzler mit Knüppeln zum Dorf heraus." Die örtliche NSDAP-Kampfgruppe reagiert, in einem braunen Flugblatt heißt es: "Auch dieser Pastor Schmitt von Spiesen wird die nationalsozialistische Lawine, welche stündlich und immer weitere Volksteile erfasst, nicht aufhalten können. Darum Volksgenossen, gebt diesem kleinen Pastor mit dem großen Machtdünkel die richtige Antwort." In dem Schmierpamphlet verunglimpfen die Nazis Juden und NS-Gegner. Die historische Bewertung auf den städtischen Archivseiten: "Es ist der Versuch, sich zu Opfern derjenigen zu stilisieren, die sie vertreiben, unterdrücken und vernichten wollen."

Schmitt jedenfalls hat für 1931/32 fest die Pfarrstelle in St. Anno in Siegburg in Aussicht. Doch der Tod ist schneller: Er stirbt mit nur 43 Jahren am 30. April 1931 in Spiesen an einer Thrombose. Die Nazi-Verwaltung lässt das ein Jahr nach seinem Tod am Sportplatz errichtete Denkmal aus Rache abräumen, später wird es an der Pfarrkirche neu aufgebaut. Wenn auch Peter Schmitt seine Seelsorge-Tätigkeit in Siegburg nicht beginnen kann, die Verbindung der Schmitts nach Siegburg ist nicht zu Ende. Seine Schwester Anna Schmitt fand den Weg in die Kreisstadt - aus Liebe. "Mein Opa hat sie nach Siegburg gelockt", berichtet Armin Hochgeschurz, der auf der Steinbahn aufgewachsen ist und in den 1980er-Jahren am Anno sein Abitur ablegte. Der Opa, das war der Zimmermann Johannes Hochgeschurz aus der Waldstraße. In den 1950er-Jahren feierte er das 300jährige Jubiläum der familiären Zimmermannstradition, im Siegkreis war er Innungsmeister. 1937, so Armin Hochgeschurz, rissen die Nazis den Großvater aus seinem Betrieb und zwangsverpflichten ihn nach Wilhelmshaven, zum U-Boot-Bau für die Kriegsmarine. Offenbar eine Rachereaktion auf das Verhalten des Vaters von Johannes Schmitz, des Urgroßvaters von Armin Hochgeschurz. Anna Schmitt hatte ihren Vater nach eigenem Umzug und der Heirat in die Kreisstadt nachgeholt. Und der Elversberger Urgroßvater von Armin Hochgeschurz, Johann Schmitt, war ähnlich unbeugsam und demokratisch entschlossen, wie dessen Sohn, der Pfarrer Peter Schmitt. Armin Hochgeschurz berichtet: "Als Zentrumsanhänger und Hitler-Hasser hat er in der Waldstraße oft laut über Hitler hergezogen, sodass die Nachbarn meine Oma öfters gewarnt haben." Bis in die 1940er-Jahre lebte Johann Schmitt in der Waldstraße, wurde von seiner Tochter, der Schwester des historischen Mitbegründers Elversberger-Fußballerfolgs, Peter Schmitt, betreut. 

Sowohl familiäre Bezüge zum Saarland im Allgemeinen und zum Elversberger-Fußball im Besonderen - dennoch drückt Armin Hochgeschurz heute Mittag den Geißböcken die Daumen. Schließlich ist er FC-Anhänger und seit vielen Jahren Mitglied des Siegburger FC-Fan-Clubs "Semper Colonia." 

Großes Foto: Elversberg-Vorgängerteam DJK Spiesen als "Gau-Meister", der Zweite von links mit Hut in der Hand ist der mutige Pfarrer und begeisterte Fußballfanatiker Peter Schmitt. Kleines Foto: "In Treue und Dank", Denkmal für den Pfarrer, noch steht es am Fußballplatz.

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