"Deutschland wünscht sich weniger Zuwanderung." So steht's auf dem Plakat ganz oben auf der Straßenlaterne, an dem ich auf der Anfahrt zum Rhein Sieg Forum vorbeikomme. Witzbolde. Ohne Zuwanderung wäre ich nicht hier. Biodeutscher, aber niedersächsischer Migrationshintergrund.
Mit dem lieben Kollegen rein ins Gewühl. Die Jungs vom Ruderverein sind unsere Nachbarn. Weißes Hemd, breites Kreuz. Standesgemäß. Am Kopfende brennt das Herdfeuer dieser monogeschlechtlichen Gaudi: das Pittermännchen. Es ist Dreh-, Angel- und Zapfpunkt der Veranstaltung. No Pittermann, no Party.
Der Slogan schlägt die Brücke zum Programm: Das Repertoire rund um Kulinarik (Kölsch) und Tourismus (Mallorca) ist unerschöpflich. Beim Erörterungsgegenstand Liebe machen die lebenserfahrenen Redner Manni der Rocker und Oli der Köbes keine Gefangenen. Hier wird nix angedeutet. Der Gürtellinienrichter - besser: die Gürtellinienrichterin - ist nicht da. Mir dämmert, warum sich die ausrichtenden Vereine in ihren E-Mails, die sie im Nachgang zu Herrensitzungen an siegburgaktuell senden, um Kernaussagen herumdrücken. Teile des Inhalts könnten die Leserschaft ernsthaft erschrecken.
Wo wir beim unausweichlichen Thema sind. Nummerngirls gehören fest zu diesem jecken Format. Dachte ich. Der schwarz-weiße Haupthusar Stefan Riesop wird ungewohnt schmallippig. "Die haben wir 2025 nicht mehr. Fragen beantworte ich nach der Session". Zaunpfahlwink verstanden. Wiedervorlage am 5. März. :)
Die EM wirkt nach. Getanzt wird nach links und dann nach rechts. Holländerstyle, animiert von den Boore. Die Rabaue führen Major Tom aufs Feld. Völlig losgelöst erobern wir ekstatisch die erste Etage unseres Platzes. @Team Rhein Sieg Forum: Der Fußabdruck eines Sportschuhs der Größe 44 auf dem fünften Stuhl links in Reihe 9, das könnte ich gewesen sein. Falls ihr Reinigungskosten habt - ihr wisst, wie ihr mich erreicht.
Schlaglichter sind nicht die großen Acts, eher die Beobachtungen am Rande. Der Anfangzwanziger, der als Multitasking-Talent parallel telefoniert und uriniert. Von der Toilette übermittelt er der besseren Hälfte mit bewegungseingeschränkter Zunge, sich ein Taxi für die Heimfahrt nehmen zu wollen. Ein Mittsechziger öffnet die Tür, sieht den Fernsprechenden am Pissoir, ist gereizt. "Bruchste dat Dingen he in d'r Porzellanabteilung?" Ein Generationenkonflikt ums Smartphone und seine Nutzung flackert auf, wird durch wohlwollendes Lachen jedoch sofort gelöscht. Harmonie schwebt wie in dicken Wattebäuschen durch den Saal. Fast zärtlich die Atmosphäre. Ruderer Michael (Name geändert) fasst mir sacht an die Hüfte. Neben uns umarmt ein Obelix sein Plüschwildschwein. Das Bier leuchtet wie eine Kerze, wenn man es auf den angeschalteten Handyscheinwerfer stellt.
Fünf heitere Stunden sind im Flug rum. Keine Komplettausfälle. Keine Störgeräusche und fehlende Aufmerksamkeit gegenüber den Rednern, dem neuen Dauerproblem im Fasteleer. War's das schon? Noch nicht ganz. Die Pittermännchen ziehen ins Foyer. After-Show-Party. Ich drink noch ene mit, dann fährt die Bahn. Der Pfeil des häuslichen Dienstverteilungsplans hat am Morgen auf mich und das Staubsaugen gezeigt. Hab ich noch geschafft. Den "Tatort" im Ersten nicht mehr.
Foto: Keine Irrlichter - Bierlichter sorgten für romantische Schwingungen von Mann zu Mann.