Diesen Fragen gingen die Elftklässler am Gymnasium Alleestraße in der dreitägigen Digital-Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung nach. Das Ziel ist es, die Jugendlichen dafür zu sensibilisieren, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist - und dass es trotzdem wichtig ist, die Informationen, die man bei Instagram, TikTok und Co. erhält, nicht ungefiltert zu glauben. Frank Windeck, Referent der Digital-Akademie, fasst dies mit den Schlagworten "Vermittlung von Medienkompetenz" und "Extremismusprävention" zusammen. Die Grundlagen dafür legen drei jeweils 90-minütige Theorieeinheiten, die im nächsten Schritt durch fünf unterschiedliche Praxisübungen vertieft werden.
"Leider ist unsere Arbeit allerdings nur ein Tropfen auf dem heißen Stein", so Windeck. NRW-weit gibt es mehr als 3.000 weiterführende Schulen, "unsere Kapazitäten reichen, um jedes Jahr 15 zu besuchen". Im Gepäck hat er dabei nicht nur junge Referenten, die ihr Wissen "auf Augenhöhe" vermitteln können, sondern auch jede Menge Technik. "Wir bauen mit den Schülerinnen und Schülern Webseiten, produzieren Videos und Podcasts."
Die Waffen nieder?
Was machen Fake News mit den Nutzern Sozialer Medien? "Sie sorgen dafür, dass die eigene Meinung radikaler wird - in die eine oder die andere Richtung", sagt ein Schüler. Und eine Schülerin ergänzt: "Echte Nachrichten verlieren an Glaubwürdigkeit."
Der Begriff "Fake News" ist spätestens seit der ersten Amtszeit des erneut amtierenden US-Präsidenten den meisten Deutschen geläufig. Damals kanzelte Donald Trump etablierte, aber ihm kritisch gegenüberstehende Medien wie die "Washington Post" oder CNN als "Fake News" ab. Im zurückliegenden Wahlkampf nutzte er dann gezielt in die Nation gesetzte Lügen, um die Schlagzeilen zu bestimmen. Ein Beispiel dafür ist die Behauptung, Einwanderer würden in Springfield/Missouri die Haustiere der Einwohner verspeisen. Obwohl die Aussage umgehend widerlegt werden konnte, war das Gerücht in der Welt - und beherrschte die Schlagzeilen der kommenden Tage.
Mit diesem Beispiel steigt die Journalsitin Juliane Hessmann in ihre Theorieeinheit "Fake News erkennen", der wir beiwohnen dürfen, ein. Und weist gleich darauf hin, dass dies weder ein auf die Vereinigten Staaten beschränktes Phänomen ist, noch ein neues. "Fake News gab es schon immer, doch durch Künstliche Intelligenz ist die Herstellung heute so einfach wie nie zuvor." Hinzu kommt, dass Meta, der Konzern, der hinter Facebook und Instagram steht, in den USA die Faktenchecks durch professionelle Prüfer abgeschafft hat und - so wie es Elon Musks Kurznachrichtendienst X schon länger tut - stattdessen auf die "Schwarmintelligenz" der Nutzer setzt. "Es ist zu befürchten, dass dieses Vorgehen auch für Europa übernommen wird." Welche Folgen das haben kann, zeigt der aktuelle Wahlkampf, für den fünf von sieben im Bundestag sitzende Fraktionen ein Abkommen unterzeichnet haben: Wir verzichten auf den Einsatz von sogenannten Deep Fakes, also nahezu echt wirkenden, jedoch künstlich erstellten Bildern von realen Personen, und Künstlicher Intelligenz (KI). Derweil sorgt jedoch ein mit KI erstelltes Video, veröffentlich von einer der beiden Parteien, die sich an der Selbstverpflichtung nicht beteiligen, für Diskussionen: Es zeigt Gesundheitsminister Karl Lauterbach in Handschellen sowie Kanzlerkandidat Robert Habeck als Müllsammler. Das Ziel, das die Elftklässler schnell erkennen: Stimmung machen, Emotionen schüren.
Wie lässt sich erkennen, ob eine Meldung echt ist? Beispiele zeigen: Bei der genauen Betrachtung von Fotos oder Filmen ist dies - noch - recht einfach. So hat ein Donald Trump, der von Polizisten niedergerungen wird, drei Beine, ein wütender Flüchtling sechs Finger. "Es steht jedoch zu befürchten, dass die KI schon in naher Zukunft solche Fehler nicht mehr macht", warnt Hessmann. Und bei Texten gibt es solche Anomalien nicht. Daher sei es wichtig, die Quellen zu prüfen oder die Herkunft von Bildern mittels Rückwärtssuche zu ermitteln.
Eine große Gefahr der Fake News: Sie verbreiten sich in den Sozialen Netzwerken sechsmal so schnell wie echte Nachrichten. Das liegt daran, dass sie Emotionen schüren und bei den Nutzern damit zu Reaktionen führen. Sei es ein "Gefällt mir", ein wütender Smiley oder ein Kommentar, der der Aussage widerspricht: Jede Interaktion wertet den Algorithmus auf, der den Beitrag als entsprechend "interessant" wertet und dessen Reichweite erhöht. "Auf jeden Fall solltet ihr Fake News den Betreibern melden", empfiehlt Hessmann. Das Richtigstellen in den Kommentaren sei hingegen ein zweischneidiges Schwert.
Dass der Begriff "Fake News" dennoch für viele Schüler schwer greifbar ist, zeigt die Diskussion. Die Meldung vom nicht zustande gekommenen Vereinswechsel eines Fußballers ist nicht "Fake News", es wurde lediglich schlecht recherchiert oder vorschnell ein Gerücht aufgegriffen. Auch ein Artikel im Satire-Magazin "Postillon" fällt nicht in diese Kategorie.
Zulegt zeigt eine Schülerin, dass "Fake News" nicht nur Politiker oder andere im öffentlichen Interesse stehende Menschen betreffen, sondern jede und jeder einzelne Opfer werden kann. "Jemand könnte ein Bild von mir nehmen und den Kopf auf ein Nacktfoto setzen, um mich damit zu erpressen ..."
Was glauben Sie - erkennen Sie Fake News? Machen Sie den Versuch unter www.swrfakefinder.de. Und wagen Sie gerne auch eine zweite, dritte, vierte, ... Spielrunde!
Foto: Ruft der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seine Soldaten wirklich dazu auf, die Waffen im Kampf gegen Russland niederzulegen? Dem aufmerksamen Beobachter fallen mehrere "Fehler" in diesem Deep-Fake-Video auf.