Siegburg. Man mag ihr vieles vorwerfen. Mutlos ist sie nicht. Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat pünktlich zur Eröffnung der Bayreuther Festspiele einen revolutionären Vorschlag unterbreitet. Angesichts der schleichend schwindenden Zugkraft des Kulturheiligtums in Oberfranken sollte doch bitte der Wagner-Schüler Humperdinck und dessen populäre Märchenoper "Hänsel und Gretel" ins Programm aufgenommen werden. Das Feuilleton schäumt, erwartbar. Die hohen Kritiker sehen den Nibelungen-Parsifal-Lohengrin-Kanon in akuter Gefahr. Es fliegt nicht nur der Holländer, es fliegen Schmähungen in Roths Richtung. Zwangsläufig führen die Kommentatoren ihre Vergangenheit als Managerin der Reiser-Rockband "Ton Steine Scherben" ins Feld. Tenor: Schusterin, bleib bei deinen Leisten - und lass den grünen Hügel in Frieden. Dreierlei hat sie erreicht. Man spricht über Bayreuth. Man spricht über sie. Man spricht über Humperdinck.
In Siegburg ist Humpi Institution, nicht Notnagel. Aufführungen der Märchenoper laufen wie geschnitten Brot. Volles Geburtshaus beim internationalen Museumstag im Mai, als die Kölner Opernkiste "Hänsel und Gretel" gewohnt mitreißend performte. Nächste Chance, für Claudia Roth und alle anderen: 8. Dezember, Markt 46, 53721 Siegburg.
Foto: Die neugestaltete Museumsabteilung zu Humperdinck.