Siegburg. Die Corona-Infektionen breiten sich weiterhin dynamisch aus, Siegburg übersteigt seit Tagen deutlich den rechnerischen Inzidenzgrenzwert von 50 (Zahl der Neuinfektionen der letzten sieben Tage auf 100.000 Einwohner).
Die Kreisstadt reagiert. Um Mitternacht tritt eine neue Allgemeinverfügung in Kraft, die zum Infektionsschutz Einschränkungen im privaten und öffentlichen Leben festschreibt. Danach sind - unter anderem - nur mehr Treffen von 5er-Gruppen im öffentlichen Raum erlaubt, die Teilnehmerzahl bei privaten Feiern sowohl im öffentlichen Raum wie daheim wird auf 10 begrenzt. Es gilt eine Maskenpflicht für sämtliche Bereiche der Fußgängerzone sowie andernorts, wenn die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können. Ab 23 Uhr ist Sperrstunde, ab 22 Uhr darf kein Alkohol verkauft bzw. in der Öffentlichkeit konsumiert werden. Für religiöse Veranstaltungen gilt: Maskenpflicht, nur mehr Vorsingen erlaubt. Die Vorschriften für die Einhaltung der Rückverfolgbarkeit in der Gastronomie werden verschärft.
Hier der Wortlaut der neuen Regelung:
Allgemeinverfügung der Stadt Siegburg
zur regionalen Anpassung der Coronaschutzverordnung an das Infektionsgeschehen in der Stadt Siegburg
vom 15. Oktober 2020
Auf Grund des § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) in der zurzeit geltenden Fassung in Verbindung mit § 16 der Coronaschutzverordnung NRW (CoronaSchVO) vom 30.09.2020 in der ab dem 14.10.2020 gültigen Fassung für das Gebiet der Stadt Siegburg folgende Allgemeinverfügung erlassen:
§ 1
Über die Bestimmungen der CoronaSchVO hinaus gelten auf dem Gebiet der Stadt Siegburg für die Zeit der aktuell festgestellten Inzidenzzahl von über 50 folgende weitergehende Beschränkungen:
Nr. 1
Zusammentreffen von Gruppen im öffentlichen Raum
Eine Gruppe darf aus höchstens fünf Personen bestehen.
Nr. 2
Begrenzung der Personenzahl bei privaten Feiern
a) im öffentlichen Raum
An privaten Festen und Feiern (z.B. Jubiläum, Hochzeits-, Tauf-, Geburtstags-, Abschlussfeier), die im öffentlichen Raum und nicht in einer privaten Wohnung stattfinden, dürfen höchstens 10 Personen teilnehmen.
b) im privaten Raum
Finden solche Feste und Feiern in einer privaten Wohnung statt, dürfen höchstens 10 Personen aus maximal zwei Hausständen teilnehmen.
Nr. 3
Mund-Nasen-Bedeckung im öffentlichen Raum
Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im öffentlichen Raum ist in der Siegburger Fußgängerzone Pflicht sowie an Orten mit erhöhtem Personenaufkommen, an denen das Abstandsgebot nicht sicher eingehalten werden kann. .
Darüber hinaus wird das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung im öffentlichen Raum dringend empfohlen.
Nr. 4
Mund-Nase-Bedeckung / Rückverfolgbarkeit bei Veranstaltungen und Versammlungen
Bei Veranstaltungen und Versammlungen ist innerhalb geschlossener Räume stets, auch am Sitzplatz, eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen; das gilt unabhängig davon, welchen Haushalten die Personen angehören, ob 1,5 Meter-Abstände eingehalten sind oder ob die besondere Rückverfolgbarkeit sichergestellt ist.
Bei allen Veranstaltungen und Versammlungen ist in geschlossenen Räumen die besondere, im Freien die einfache Rückverfolgbarkeit sicherzustellen.
Auch bei Sicherstellung der besonderen Rückverfolgbarkeit ist zwischen Zuschauenden bzw. Teilnehmenden ein Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten, es sei denn, es handelt sich um Personen, die zu einer der in § 1 Absatz 2 CoronaSchVO genannten Gruppen gehören.
Nr. 5
Mund-Nase-Bedeckung und Verbot des Singens bei Versammlungen zur Religionsausübung
Bei Versammlungen zur Religionsausübung (z.B. Gottesdienste) ist eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen. Das gemeinsame Singen ist verboten; das Vorsingen ist erlaubt.
Nr. 6
Sperrstunde
Für alle gastronomischen Betriebe gilt eine verbindliche Sperrstunde von 23 bis 6 Uhr. Clubs, Diskotheken und ähnliche Einrichtungen bleiben weiterhin geschlossen.
Nr. 7
Alkoholverkauf und -konsum
Von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr ist der Verkauf von alkoholischen Getränken sowie dessen Konsum im öffentlichen Raum verboten.
Ausgenommen hiervon sind der Verkauf und die Abgabe von alkoholischen Getränken im konzessionierten Bereich von Gaststätten einschließlich Außengastronomie während der jeweiligen Öffnungszeiten für den Konsum innerhalb des konzessionierten Bereichs.
Nr. 8
Besondere Rückverfolgbarkeit in der Gastronomie
Jeder Gastronom hat selbst oder durch sein Personal Name, Anschrift, Telefonnummer sowie die Dauer der Anwesenheit zu erfassen und zusätzlich durch einen Sitzplan nachvollziehbar zu dokumentieren, welche anwesende Person zu welcher Zeit wo gesessen hat.
Bei der Erfassung sind die Kontaktdaten unverzüglich auf ihre Vollständigkeit und insbesondere auf offensichtlich missbräuchliche Angaben (pseudonyme Angaben) zu kontrollieren. Die Daten sind nach dem Besuch für vier Wochen aufzubewahren.
Nr. 9
Personenobergrenzen bei Veranstaltungen und Versammlungen
Bei Veranstaltungen und Versammlungen ist die zulässige Teilnehmerzahl auf 20% der normalen Kapazität des Veranstaltungsortes begrenzt, maximal 100 Personen.
Das Verbot gilt nicht für Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz sowie für Veranstaltungen und Versammlungen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der Daseinsfürsorge und der Daseinsvorsorge zu dienen bestimmt sind, insbesondere politische Veranstaltungen von Parteien einschließlich Aufstellungsversammlungen zu Wahlen und Vertreterversammlungen dazu und Blutspendetermine.
Nr. 10
Mindestfläche im Einzelhandel, Handwerk und Dienstleistungsgewerbe
Die Anzahl von gleichzeitig in einem Geschäftslokal (Einzelhandel, Handwerk, Dienstleistungsgewerbe) anwesenden Kunden darf eine Person pro zehn Quadratmeter der Verkaufsfläche nicht übersteigen. Tätigkeiten nach § 12 Abs. 3 CoronaSchVO sind hiervon nicht erfasst.
Nr. 11
Kontaktsport mit höchstens 30 Personen
Kontaktsport darf nur in einer Gruppe von maximal 30 Personen ausgeübt werden.
Nr. 12
Bezugsgruppen-Größen
Die maximale Größe der Bezugsgruppen nach Ziffer X Nr. 5 der Anlage zur CoronaSchVO (Tagesausflüge, Ferienfreizeiten etc. für Kinder und Jugendliche) wird auf zehn Personen festgelegt.
§ 2
Diese Allgemeinverfügung tritt am 16.10.2020 (am Tage nach der öffentlichen Bekanntmachung) in Kraft und gilt zunächst bis zum Ablauf des 31.10.2020.
Begründung:
Gemäß § 16 CoronaSchVO sind die nach dem Landesrecht für Schutzmaßnahmen nach
§ 28 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zuständigen Behörden befugt, im Einzelfall auch über die CoronaschVO hinausgehende Schutzmaßnahmen anzuordnen.
Der 7-Tages-Inzidenzwert für das Stadtgebiet Siegburg liegt deutlich über 50 pro 100.000 Einwohner. Daher werden für das Siegburger Stadtgebiet mit dieser Allgemeinverfügung weitere Anordnungen getroffen, die geeignet, erforderlich und angemessen sind, das lokale Infektionsgeschehen einzugrenzen.
Mit Blick auf die derzeitige Infektionswelle durch das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) in Deutschland wird durch das Robert-Koch-Institut eine Gefährdungslage in Bezug auf die Verbreitung des Virus angenommen. Um das Gesundheitswesen nicht zu überlasten und die erforderlichen Kapazitäten für die Behandlung der Erkrankten, aber auch sonstige Krankheitsfälle bereitzuhalten und die erforderliche Zeit für die Entwicklung bislang nicht vorhandener Therapeutika und Impfstoffe zu gewinnen, ist es notwendig, den Eintritt von weiteren SARS-CoV-2- Infektionen zu verzögern. Bei SARS-CoV-2 handelt es sich um einen Krankheitserreger im Sinne des § 2 Nr. 1 IfSG. Das Virus wird von Mensch zu Mensch übertragen. Hauptübertragungsweg ist die Tröpfcheninfektion. Dies kann direkt von Mensch zu Mensch über die Schleimhäute der Atemwege geschehen oder auch indirekt über Hände, die dann mit Mund- oder Nasenschleimhaut sowie der Augenbindehaut in Kontakt gebracht werden. Insofern erhöht sich das Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus bei Veranstaltungen mit einer hohen Besucherzahl potentiell und damit die Gefahr, dass die Infektionen sich in der Bevölkerung weiter verbreiten. Nach der Einschätzung des Robert-Koch-Institutes (RKI) sind zur Bewältigung der aktuellen Weiterverbreitung des COVID-19 Virus "massive Anstrengungen auf allen Ebenen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes erforderlich". Es wird das Ziel verfolgt, die Infektionen in Deutschland so früh wie möglich zu erkennen und die weitere Ausbreitung des Virus so weit wie möglich zu verzögern. Damit sind gesamtgesellschaftliche Anstrengungen wie die Reduzierung von sozialen Kontakten mit dem Ziel der Vermeidung von Infektionen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich verbunden. Nur so kann erreicht werden, dass eine Weiterverbreitung der Infektionen mit dem Coronavirus in der Bevölkerung verhindert oder zumindest verlangsamt wird.
Die Beschränkungen der Gruppengrößen senkt die Zahl an Kontaktpersonen im (alltäglichen) sozialen Kontakt und somit die Zahl potenzieller Neuinfektionen.
Die Anordnung zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im öffentlichen Raum ist erforderlich, weil an den betroffenen Stellen der Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen gleichzeitig anwesenden Personen aufgrund ihrer Zahl und Dichte oftmals nicht eingehalten werden kann.
Gottesdienste in geschlossenen Räumen sind mit einem erhöhten Aerosolausstoß verbunden. Die Mund-Nasen-Bedeckung kann die Freisetzung eindämmen. Das Verbot des gemeinsamen Singens soll dazu beitragen, den Aerosolausstoß und somit die Infektionsgefahr zu reduzieren. Im Sinne der Verhältnismäßigkeit wurde das Vorsingen ausgenommen.
Das Alkoholkonsum- und Verkaufsverbot sowie die Verlängerung der Sperrstunde in der Gastronomie dienen zur Reduzierung sozialer Kontakte im öffentlichen Raum und somit zur Vermeidung potenzieller Infektionsketten. Sie stellen insbesondere in Verbindung mit der Reduzierung der Kontaktgruppengröße eine effektive und zugleich verhältnismäßige Methode dar, die Kontaktzahlen zu reduzieren. Die Beobachtungen der letzten Monate haben ergeben, dass das -mitunter willkürliche- Zusammenkommen von Personen im öffentlichen Raum zur Virusverbreitung beigetragen hat.
Die Anordnungen zur Rückverfolgbarkeit (Kontaktdaten/Sitzpläne) sind erforderlich, um eine unverzügliche Kontaktverfolgung und im Einzelfall eine gefahren- und verdachtsspezifische, verhältnismäßige Anordnung von Infektionsschutzmaßnahmen sicherzustellen. Es soll insbesondere gewährleistet sein, dass Quarantäne immer dann angeordnet wird, wenn ein ausreichender Ansteckungsverdacht ermittelt wird. Für diese Ermittlung sind Sitzpläne eine wertvolle Grundlage.
Die Anordnungen stellen eine notwendige Schutzmaßnahme vor einer weiteren unkontrollierbaren Weiterverbreitung der Infektionen mit dem Coronavirus dar und dienen einem möglichst weitgehenden Gesundheitsschutz. Unter den zur Verfügung stehenden Schutzmaßnahmen sind die Anordnungen nach alledem geeignet, erforderlich und angemessen.
Die Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar nach § 28 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 8 IfSG. Die Anfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung.
Ordnungswidrigkeiten
Wer den verpflichtenden Anordnungen dieser Allgemeinverfügung zuwider handelt, begeht eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 73 Abs. 1a IfSG. Der Verstoß kann mit einer Geldbuße bis zu 25.000 € geahndet werden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung können Sie vor dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Klage erheben.
Siegburg, den 15. Oktober 2020
Kreisstadt Siegburg
Der Bürgermeister
Franz Huhn, Bürgermeister