Kreisstadt Siegburg
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Newsletter vom 08.11.2010

Das Ende der Abtei - Huhn: "Historische Tragweite"



Siegburg. Zu der heute Mittag verkündeten Entscheidung der Siegburger Benediktiner, ihr Kloster auf dem Michaelsberg zu verlassen und für immer aufzugeben, erklärt Bürgermeister Franz Huhn:

"Der Weggang der Mönche ist von historischer Tragweite, der Weggang wiegt schwer, sehr schwer. Denn die Abtei auf dem Michaelsberg ist nicht nur das baulich weithin sichtbare Symbol Siegburgs; die Mönchsgemeinschaft und Annos 'viel liebe Stadt', sie waren und sie sind - bei allen Verwerfnissen einer fast tausend Jahre langen Geschichte - stets eine starke und lebendige Verbindung gewesen. Geprägt von einem tiefen Gefühl der Zusammengehörigkeit. Gelebt durch ein aufrichtiges Bewusstsein um gemeinsame Identität. Ein Siegburg ohne eine Mönchsgemeinschaft auf dem Michaelsberg ist nicht mehr die Stadt, die sie vorher gewesen ist. Der Weggang der Mönche macht uns in unserer Zeit, die so sehr auf weltlich-vergängliche Dinge fokussiert ist, ärmer.

Auf die Zukunft bezogen werden wir alles Erdenkliche und in unseren Kräften Mögliche tun. Schon heute habe ich Herrn Dechant Peter Weiffen gebeten, einen Termin bei Herrn Kardinal Meisner zu verabreden. Zur Zeit ist jedoch noch vieles unklar. Was uns an gewaltigen Herausforderungen, an Risiken, vielleicht aber auch an Chancen erwartet, darüber haben wir noch keinen Überblick. Klar ist: Die Ressourcen der Stadt sind begrenzt. Wichtig ist: Alle Entscheidungen bedürfen eines breiten Konsenses.

Nach eigenem Bekunden fehlt dem Konvent die innere Kraft, die eigenen Ansprüche an seine geistliche Identität zu erfüllen und zudem eine stabile finanzielle Zukunft zu sichern. Das ist sicherlich eine belastende und traurig stimmende Erkenntnis - auch für mich. Jedem einzelnen der Mönche danke ich für alles, was er in Siegburg und für uns Menschen getan hat. Jedem Einzelnen wünsche ich einen guten Weg. Jedem Einzelnen wünsche ich Gottes Segen." Foto (Wolfgang Kuschel): Abteikirche auf dem Michaelsberg.

Das Ende der Abtei - Stationen der Geschichte



Siegburg. Die Abtei auf dem Michaelsberg prägt weithin sichtbar das Stadtbild Siegburgs. 1064 gründete der Kölner Erzbischof Anno II das Benediktinerkloster. Der ursprüngliche Bau wurde durch mehrere Brände im 18. Jahrhundert zerstört und durch den bis heute erhaltenen barocken Gebäudekomplex ersetzt. Nach der Auflösung der Abtei 1803 wurden die Gebäude erst als Kaserne, dann als Irrenanstalt und später als Zuchthaus verwendet. Seit 1914 war die Abtei mit kurzer Unterbrechung durch den 2. Weltkrieg wieder von einem Benediktinerkonvent bewohnt. Anno hatte seinerzeit die Macht über den Michaelsberg nach einer Fehde mit Heinrich dem Wütenden errungen und besiedelte seine Klosterneugründung mit deutschen Mönchen, die er aber bald durch italienische aus dem Kloster Fructuria ersetzte. 1803 brachte der Reichsdeputationshauptschluss ein jähes Ende.
Die Klostergebäude dienten dann allen möglichen Zwecken. Prior Hardebusch listete 1914 eine Lateinschule, später ein Zeughaus auf. Die längste Zeit war eine "Irrenanstalt" darin untergebracht, es folgte gegen 1870 ein Zuchthaus, wobei in beiden Fällen Eisenkäfige in den Sälen als Zellen dienten. 1914 kam der Michaelsberg wieder in den Besitz der Stadt. Zunächst hatten die Siegburger mit dem Gedanken an ein Kloster wenig im Sinn, wie Hardebusch in seiner Chronik festhielt: "Die Stadt brachte anfangs den Verhandlungen betreffs Klosterniederlassung auf dem Michaelsberge wenig Interesse entgegen. Bürgermeister Plum und Stadtverordnete, auch viele Bürger der Stadt konnten sich für eine Klosterniederlassung nicht begeistern, das sie wenig Vorteile für sich und die Stadt von derselben erhofften. Viele waren auch aus antireligiöser und politischer Einstellung gegen ein kath. Kloster. (...) So wollte man die Schule, dann das Krankenhaus der Stadt oben unterbringen. Andere meinten, einen Hotelbetrieb großen Stils auf dem Berge einzurichten und so viele Fremde nach Siegburg zu ziehen. Auch wurde eine Zeitlang der Plan ernstlich besprochen, in den Klosterräumen eine Kaserne unterzubringen. Aber immer wieder zeigte sich nach reiflicher Überlegung, dass all diese Absichten scheitern mussten an der Ungeeignetheit der Bauten und der untragbaren Baulast, den Unterhaltungskosten, dazu kam der unangenehme Weg für die Kinder, der kostspielige Transport und andere Dinge mehr.
So fand denn der Plan, die Gebäude ihrer ursprünglichen Bestimmung zuzuführen, immer mehr Anklang. (...) Schwieriger noch als mit der Stadt waren die Verhandlungen mit der Regierung. Alles, was ausfindig gemacht werden konnte, war der Regierung willkommen, um die Klostergründung unmöglich zu machen. Da schon den Steyler Patres eine Niederlassung auf der Hangelarer Heide genehmigt war, wollte man das gleichzeitig laufende Gesuch der Benediktiner nicht erfüllen, weil für Seelsorge kein Bedürfnis mehr vorliege.(...) Noch 6 Wochen vor der endgültigen Genehmigung sagte der Regierungsrat Dührig von Koblenz, der in Siegburg dienstlich zu tun hatte, dem Stadtbaumeister: 'Es ist ganz ausgeschlossen, dass auf den Berg ein Kloster kommt.' Aber kurze Zeit später wurden von Berlin über Koblenz hinweg für die Niederlassung der Benediktiner auf dem Michaelsberge 12 Patres zur Seelsorge genehmigt. Damit wurde stillschweigend zugegeben, dass noch weitere Patres für andere Zwecke im Kloster sein dürften. (...) Was sollen die Bendiktiner bekommen? Die Stadt hatte nämlich vom Staat nicht allein die Klostergebäude, sondern den ganzen Berg gekauft, wollte aber den Berg für sich behalten und nur die Gebäude an den Orden verkaufen. Erst nach langem Hin und Her gelang es endlich, außer den Gebäuden den Westabhang des Berges zwischen den alten Stadtmauern und dem sogenannten Holzhof zu den Gebäuden hinzuzubekommen. Das Johannestürmchen als herrlicher Ausblick war nicht zu bekommen. (...)
Nach langem Hin- und Her-Verhandeln und nachdem fachkundige Urteile beiderseitig eingezogen waren, einigte man sich auf den Preis von 120 000 M, mit der Verpflichtung für die Benediktiner, die Baracken auf der Ostseite abzubrechen und den Zuchthausflügel umzubauen und dem ganzen Bilde anzupassen oder auch ihn abzubrechen. Der niedrige Preis konnte vereinbart werden, weil das Bauwerk, das in sich einen viel höheren Wert hatte, eine ungeheure Unterhaltungslast auferlegte. Der ganze Kaufpreis wurde als Hypothek von der Stadt auf die Gebäude übernommen. Wenn die Benediktiner auf ihrer Forderung bestanden hätten, auch das Johannestürmchen, also das ganze Plateau des Berges müsse in den Kauf eingeschlossen sein, ebenso der öffentliche Weg am Westflügel entlang, mit dem nach Westen anstoßenden Gelände, so wäre der Kauf gescheitert." Foto: Die ersten Brüder des wieder gegründeten Benediktinerklosters auf dem Michaelsberg schreinern 1914 die Bänke für die Kirche.

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