Kreisstadt Siegburg
siegburgaktuell
Adhoc-Newsletter vom 08.11.2010

Das Ende der Abtei: Die Kraft reicht nicht aus



Siegburg. Das Siegburger Benediktinerkloster auf dem Michaelsberg wird geschlossen. "Schweren Herzens" und "nach langen, intensiven Beratungen" sei die Entscheidung gefallen, erklärten heute Mittag der Delegierte des Abtpräses in Rom, Pater Albert Altenähr, sowie Pater Christian Dieckmann bei einer Pressekonferenz in der Abtei. Die "schmerzhafte Erkenntnis" laute: "Unsere Kraft reicht nicht aus, unsere Niederlassung auf dem Michaelsberg in die Zukunft zu führen." Die endgültige Entscheidung sei in der vergangenen Woche bei Fortsetzung der Kanonischen Visitation gefallen, "in einem intensiven Gesprächsprozess" mit den Visitatoren Abt-Präses Bruno Marin (Rom), Abt Adrian Lenglet aus der niederländsichen Abtei Vaals sowie Pater Albert Altenähr (Kornelimünster). Dieser habe die Abtei die letzten Monate "de facto geleitet". Seit Beginn der Visitation, einer Bestandaufnahme durch die Leitung des Benediktinerordens, habe sich der Konvent mit externen Beratern der Herausforderung gestellt, "eine wirtschaftliche und geistliche Erneueurng zu gestalten". Doch habe der Konvent nicht die innere Kraft gehabt, die Ansprüche zu erfüllen und eine stabile finanzielle Zukunft zu sichern. So fehle es "in jeder Hinsicht an Substanz, aus der ein neuer Anfang benediktinischer Prägung erwachsen könnte". Nunmehr seien die rechtlichen Schritt eingeleitet, das Kloster schuldenfrei schließen zu können: "Die finanziellen Defizite der vergangenen Jahre haben die Rücklagen unseres Klosters nahezu aufgezehrt. Auch eine Suche nach personeller Unterstützung aus anderen Klöstern des Ordens blieb ergebnislos."
Foto (Wolfgang Hübner-Stauf): Links Albert Altenähr, rechts Christian Dieckmann

Das Ende der Abtei: Zäsur in der Geschichte



Siegburg. Wenn die zuletzt verbliebenen zwölf Siegburger Mönche - fünf Patres, sieben Fratres - Mitte des kommenden Jahres endgültig ihr Siegburger Zuhause aufgeben, sei dies "eine Zäsur in der geistlichen Geschichte des Michaelsberges und der ganzen Region". Doch Benediktiner wie Erzbistum wollten sich intensiv bemühen, "der historischen Bedeutung entsprechend die spirituelle Strahlkraft des Ortes zu erhalten und im Sinne dieser geistlichen Tradition fortzuführen". Das erklärten die Benediktiner heute Mittag bei ihrer Pressekonferenz: "Wir Mönche der Abtei sind uns schmerzlich bewusst, dass unser Weggang bei vielen Menschen Trauer und Unverständnis hervorrufen wird. Aber wir bitten darum, unsere Entscheidung zu respektieren. Die Notwendigkeit lässt uns nicht die Treue und Unterstützung vergessen, die die Abtei seit Jahrzehnten von Menschen und Institutionen erfahren hat. Auch die Stadt hat stets uneingeschränkt alles ihr Mögliche zur Unterstützung beigetragen. Zahlreiche Projekte konnten nur durch die Spendenbereitschaft Vieler ralisiert werden. Dafür sind wir sehr dankbar, denn die enge Verbundenheit der Menschen in der Region mit dem Michaelsberg ist nicht selbstverständliches." Foto: Gustav Lange

Das Ende der Abtei: Was machen die Mönche?



Siegburg. Das Kloster auf dem Michaelsberg schließt, was machen die dort lebenden Mönche? Keinesfalls ziehen sie geschlossen in ein anderes Kloster. Die Gemeinschaft bleibt nicht beisammen. "Eine große Aufgabe ist es für jeden Mitbruder, seinen weiteren Weg zu klären und ein neues Zuhause zu finden. Die Sublazenser Kongregation steht uns dabei zur Seite", heißt es in der Presseerklärung. Zum Hintergrund: Allgemein ist der Benediktinerorden (OSB) in Klosterverbände (Kongregationen) aufgeteilt. Das Siegburger Kloster gehört zur Sublazenser Kongregation mit Sitz in Subiaco (Italien). Es bildet mit dem Kloster Kornelimünster bei Aachen eine deutsche Propovinz. Foto: Bald Vergangenheit - Benediktiner am Michaelsberg (Bild: Ingrid Schütz).

Das Ende der Abtei: Die letzten Monate



Siegburg. Es begann mit dem plötzlichen Abschied von Abt Raphael, im Juni dann die ersten harten Schnitte: Die Benediktiner schlossen ihr Restaurant "Abtei-Stuben" und die benachbarte Kunst-Buchhandlung. Für 15 Angestellte die Entlassung. Die Produktion des Abteilikörs sollte beibehalten werden. Rote Zahlen nannte der Konvent als Grund. siegburgaktuell schrieb damals: "Die Schließung der Betriebe scheint jedoch auch mit einer inneren Umorientierung der Mönchsgemeinschaft zusammenzuhängen, die sich, so scheint es, mehr aus dem öffentlichen Leben der Stadt zurückziehen will." Noch vor wenigen Tagen hatte sich Bürgermeister Franz Huhn mit persönlichen Briefen an die zwölf Mönche gewandt. Huhn schrieb: "In den nächsten Wochen endet auf der Abtei der zweite Teil der kanonischen Visitation. Ihre Ordensgemeinschaft steht vor umfassenden Herausforderungen, möglicherweise grundlegenden Neuorientierungen. Die ganze Stadt nimmt daran Anteil, blickt mit gespannten Erwartungen und, ich sage dies ganz offen, bangen Gefühlen der weiteren Entwicklung entgegen. Als Bürgermeister Siegburgs, als Bürger dieser Stadt, als Christ in dieser Gesellschaft möchte ich den dringenden Appell an Sie nicht ungehört lassen: Bei allen Entscheidungen, die auch Sie als Mitglied des Ordens in den nächsten Tagen in ganz persönlicher und tiefer Verantwortung zu treffen haben, bitte ich Sie, bei allen erforderlichen und unausweichlichen Abwägungen dem Grundsatz der Beständigkeit eine hohe Bedeutung zukommen zu lassen. Möge das wertvolle Gut der benediktinischen Stabilitas auch im Verhältnis von Abtei und Stadt weiter seine Wirkkraft entfalten, und die Wege in eine Zukunft leiten, die auch weiterhin eine gemeinsame ist." Foto: Die Schließung der Abteistuben und der Buchhandlung sorgten bereits vor Monaten für Aufsehen.

Das Ende der Abtei: Was auf dem Berg ist öffentlich?



Siegburg. Was gehört auf dem Michaelsberg den Benediktinern, was der Stadt Siegburg ? Das Klostereigentum umfasst 14.046 Quadratmeter. Kirche, Abtei, Nebengebäude und Vorplatz an der Klostereinfahrt zählen dazu, ebenso der Friedhof der Mönche und ein darunter liegender Teil des Michaelsberges über der Mühlenstraße. Der Rosengarten sowie Johannisturm mit Johannisgarten sind im städtischen und damit öffentlichen Eigentum, auch der kleine Weg zum Johannisturm unterhalb der mächtigen Klostermauern. Der wertvolle und historische, vor einigen Jahren aufwändig restaurierte Anno-Schrein ist Bestandteil des Siegburger Kirchenschatzes und damit Eigentum der Pfarre St. Servatius. Foto (Nima Schoia): Der Johannisgarten ist öffentliches Areal und steht im Eigentum der Stadt.

Das Ende der Abtei - Als die Mönche einst zurückkehrten



Siegburg. Nach über 111 Jahren kehren die Mönche zurück auf den Michaelsberg. Fünf Patres und drei Laienbrüder aus dem Benediktinerkloster Cornelimünster halten in aller Stille und monastischer Einfachheit Einzug in den alten Klostergebäuden. Um 9 Uhr am Morgen hält Abt Dr. Renzel eine heilige Messe. Ein feierliches Te Deum mit sakramentalem Segen bildet den Abschluss - das war heute vor 96 Jahren, vier Monaten und sechs Tagen. Die vor über einem Jahrzehnt von Pater Mauritius Mittler entdeckten sechs Kladden handschriftlicher Eintragungen des damaligen Priors Liborius Hardebusch enthalten Aufzeichnungen über die Wiederbesiedlung der Abtei am 2. Juli 1914. Auszüge: "So rückte der zweite Juli heran. Der Abt als großer Verehrer der allerseligsten Jungfrau hatte diesen Tag für die Übersiedlung ausgewählt. Am 1. Juli reisten die ersten Patres in Begleitung des Abtes Hermann Renzel von Merkelbeek ab. Der Abt fuhr gleich nach Siegburg, um sich zu überzeugen, ob der Altar und alles zur hl. Messe Notwendige in Bereitschaft sei. (...). Die Patres brachten die Elektrische nach Siegburg. Um 9 Uhr kam das Auto, das auch den Abt, den Prior nach Siegburg bringen sollte. Die Stadt, wo sich die Kunde mit Blitzesschnelle verbreitet hatte, war festlich geflaggt, und nur mit Mühe konnte das auf der Zugangsstraße zum Michaelsberg drängende Volk zurückgehalten werden. Es treffen ein der Bürgermeister Plum, der Pastor Bamberg, der nur dieses eine Mal mit seinem Orden geschmückt gesehen wurde, und endlich der Landrat Dalwigk, als Vertreter der Regierung. Gleich ergriff dieser das Wort zu einer herzlichen Ansprache. Als zweiter folgte der Bürgermeister, der die Ankömmlinge im Namen der Stadt begrüßte. Zuletzt hieß der Pastor Bamberg die Mönche im Namen der Kirchengemeinde herzlich willkommen. Auf jede dieser Ansprachen dankte der Abt in sehr geschickter Weise. Darauf wurden dem Abte die Schlüssel überreicht. Er öffnete das große Gittertor und nahm so Besitz von den herrlichen Gebäuden. Langsam bewegten sich die Anwesenden zur Kirche, wo so lange das Lob Gottes der Mönche verstummt war. Es sollte jetzt nicht mehr eine Stelle des Schreckens und der Unheiligkeit, sondern des Segens und der Freude sein. Nach drängte das Volk in großer Menge. Es begann das erste hl. Messopfer, das der hochwürdigste Abt unter Assistenz des Priors zelebrierte. Der mehrstimmige Chor der Erziehungsanstalt St. Josef erhöhte den Glanz dieser schlichten, aber doch eindrucksvollen, unvergesslichen Stunde. (...) Die wenigen Festteilnehmer vereinigte in den kühlen Räumen ein einfaches Frühstück, wo ein erfrischender Trunk Pilsener den durch die Hitze hervorgerufenen Durst stillte. (...) Erst in den vorgerückten Nachmittagsstunden trennten sich die Festteilnehmer. (...) Es folgte die erste furchtbare Nacht. Nach dem heißen Tage kam nachts ein so schreckliches Gewitter, dass die Siegburger Bürger behaupteten, nie ein so rasendes Unwetter erlebt zu haben. Es war wohl ein ohnmächtiger Wutausbruch des Teufels, dem durch den hl. Michael das Heiligtum des Berges entrissen war. St. Michael schützte Berg und Stadt. Und vertrieb, wie einst im Himmel, und später der hl. Benedikt von Cassinos Höhen, jetzt vom Klosterberge den Teufel und machte seiner Herrschaft ein jähes Ende. Nicht mehr sollte an heiliger Stätte das wirre Geheul der Irrsinnigen, nicht mehr das Fluchen des Auswurfs der Menschheit, sondern das Lob Gottes ertönen. Jedoch gab sich der Teufel nicht besiegt. Die kommenden Jahre mit ihren Schwierigkeiten aller Art zeigen, wie sehr der Teufel bemüht ist, das Verlorene zurück zu erwerben."
Foto: Am Morgen des 2. Juli 1914, die Mönche kehren zurück, ein Automobil bringt sie von der Elektrischen auf den Berg.

Presse- und Informationsdienst der

Stadtverwaltung Siegburg
Nogenter Platz 10
53721 Siegburg
Telefon: 02241/102-301
Telefax: 02241/102-450
E-Mail: presse@siegburg.de

Redaktion

Ralf Reudenbach (Verantwortlich nach § 6 MDStV)
Claudia Förster, Jan Gerull, Hanna Hofmann, Wolfgang Hübner-Stauf, Ursula Thiel

Pressesprecher der Stadt Siegburg

Wolfgang Hohn
Telefon 02241 / 102303
Telefax 02241 / 102450
Handy 0163 / 3102344
E-Mail: wolfgang.hohn@siegburg.de