Vorbereitungen auf Nach-Kaufhof-Ära

Siegburg. Die Ankündigung der Schließung wirkt nach. 52 Niederlassungen will der Galeria-Konzern zumachen. Betroffen ist auch das Warenhaus an der Siegburger Kaiserstraße. Zum 31. Januar 2024 soll dort Schluss ein. Nach der Betriebsversammlung, auf der die Filialleitung ihrer Belegschaft die schlechte Nachricht überbringen musste, blieb das Geschäft gestern geschlossen. 

Große Mühen nahm die Kreisstadt Anfang der 1970er-Jahre auf sich, um angesichts der Konkurrenz der Nachbarstädte nicht nur in Sachen Verwaltung, sondern auch beim Einkaufen Kreisstadt zu sein. Ein Gutachten empfahl den Stadtvätern die Ansiedlung eines Warenhauses mit 9.000 Quadratmetern Verkaufsfläche. Sie opferten Heimatmuseum und Bücherei, beide noch im Gebäude-Kindesalter, um Platz zu schaffen für den damaligen Giganten, der bis zu 80.000 Artikel im Sortiment hatte.

30 Millionen Mark kostete der Bau. Schon beim öffentlichen Schnuppern einige Tage vor der offiziellen Eröffnung strömten 10.000 Menschen in den "mit modernster Nachrichtentechnik" ausgestatten Konsumtempel. Bei der Eröffnung am 8. August 1974 gingen schon nach einer Stunde handgezählte 10.000 Menschen auf Schnäppchenjagd. "Mehr los als auf Pützchens Markt", schrieben die Zeitungen. Der Vergleich mit dem Riesenrummel in Beuel war wohl nicht übertrieben. Fanfarenstöße erschollen, der bei Fest- und Feierlichkeiten übliche Ochs am Spieß drehte sich tropfend um sich selbst. Erwischte Ladendiebe, so eine nette Anekdote in der Presseschau zum Großereignis, konnten direkt vor Ort verbleiben. Das Amtsgericht mietete sich auf 2.000 Quadratmetern im Haus ein. 

Im 21. Jahrhundert ist solch eine Zelebration schwer vorstellbar, abgesehen vielleicht vom Fetisch rund um das neueste iPhone, das im Unterschied zu den dicht gepackten Auslagenhighlights früherer Jahre präsentiert wird wie eine kostbare Büste im Museum. Knapp fünf Jahrzehnte sind seit dem August 1974 vergangen: Mit dem Internet und den Möglichkeiten des Onlineshoppings sitzen die Siegburger Wettbewerber nicht mehr allein in St. Augustin, Troisdorf oder Köln. Theoretisch und praktisch befinden sich die Verkäufer überall auf der Erde. Aber: Alle aktuellen Erhebungen weisen darauf hin, dass Siegburg trotz des nun besiegelten Verlustes eine attraktive Einkaufsstadt bleiben kann. Die Kreisstadt besitzt eine sehr hohe Einzelhandelszentralität, erhielt bei den kürzlich vorgestellten Ergebnissen der Umfrage "Vitale Innenstädte" die Gesamtnote 2,3. Das Gründungsgeschehen, auch im Handel, ist vergleichsweise hoch. Die Einzelhandelsimmobilien in sogenannten A-Lagen werden regelmäßig nachgefragt. Generell, so die Einschätzung der Wirtschaftsförderung, die sich auf frische Studien und Analysen des veränderten Konsumverhaltens stützt, steht das klassische Konzept "Warenhaus" vor existentiellen Herausforderungen, die - wie es sich nun bundesweit zeigt - nicht nur am Siegburger Galeria-Standort sichtbar werden. Gleichzeitig besteht neuer Bedarf von "Retailern", zum Beispiel aus dem Bereich Sport und Freizeit, an großzügig bemessenen Einzelhandelsflächen.

Nach der traurigen Gewissheit intensiviert die Stadt ihre Beratungen mit dem Immobilienbesitzer, der den Kaufhof nach jetzigem Stand noch zehneinhalb Monate beherbergt. Es geht dabei um die anschließende Nutzung des Objekts. Bürgermeister Stefan Rosemann erklärt: "Die fortgesetzte Attraktivität der Innenstadt hat höchste Priorität. Nicht Schnellschüsse oder Luftschlösser sind in den kommenden Monaten gefragt - ernsthaft und gewissenhaft wird die Stadt den Prozess mit allen Akteuren hin zu einer dauerhaft tragfähigen Nachnutzung begleiten." Foto: Kaufhof zog zu Neckermann: Blick in die Kaiserstraße zur Bauzeit des Warenhauses, 1973/74. Beide Namen sind integraler Teil der deutschen Wirtschaftsgeschichte.