vom 30.11.2022

Fotos zeigen Gesamtschulgeschichten

Erste Generation ist auch Generation des Wandels

Siegburg. Schon der Weg zum Schulzentrum Neuenhof gestaltet sich in diesen Tagen anders als gewohnt. Vor dem Haupteingang versperrt ein Zaun den Zutritt, über Nebentüren gelangt man in das Gebäude. In der sogenannten Kunst- und Technikwabe fallen die in den zurückliegenden Dekaden bunt bemalten Wände ins Auge - und im Kontrast dazu die schwarzweißen Werke junger Fotokünstler. Jeweils sechs Bilder, auf der Rückseite sehr persönliche Gedanken zur Schulzeit. 

Die Installation unter dem Titel "Schulgeschichten" entstand unter Leitung von Lea Krüger und Flora Kurum im Kunstunterricht der Jahrgangsstufen Q1 und Q2 der städtischen Gesamtschule am Michaelsberg. Die Idee der beiden Lehrerinnen: Schule ist ein prägender Ort - und damit auch immer ein Ort der Erinnerungen, mit dem man besondere Situationen, Momente oder Erfahrungen in Verbindung bringt. Diese spiegeln sich im Gebäude, in den Fluren, Eingängen, Türen, Fenstern. Plätze, die am Schulzentrum Neuenhof unwiederbringlich verlorengehen. Bis 2028 entsteht dort, wo sich die Alexander-von-Humboldt-Realschule und die städtische Gesamtschule die Lehrräume teilen, der Bildungscampus Neuenhof.

In Vorbereitung auf das Projekt setzten sich die Jugendlichen zunächst in der Photographischen Sammlung der SK-Stiftung in Köln mit der Konzeptfotografie auseinander, stellten sich die Frage, wie man mit einem Bild eine Geschichte erzählen kann. In der Domstadt durften sie erste Experimente mit ihren Smartphones wagen. Die Erkenntnisse nahmen sie mit an den Neuenhof, suchten sich Plätze, die ihnen wichtig waren und sind, änderten die Perspektive, den Aufnahmemodus oder die Art der Nachbearbeitung. Mit verschiedenen Stilmitteln, aber immer in Schwarz und Weiß, werden so persönliche Erlebnisse und Empfindungen aus der Schule erzählt.

Wir trafen uns mit dem Q1-Kunstkurs unter Leitung von Lea Krüger, um uns mit den angehenden Abiturientinnen und Abiturienten über das Projekt zu unterhalten. Die Auseinandersetzung mit dem Thema fällt sehr unterschiedlich, aber immer persönlich aus. Da sind Bilder, die zeigen, "wo ich den größten Teil meiner Schulzeit verbracht habe": Klassenzimmer, Fenster, von denen nach dem Lehrer Ausschau gehalten wurde, Verstecke unter der Treppe. Die nächste Collage präsentiert die Schule als einen von der Außenwelt abgeschlossenen Ort, der Fotograf blickt durch einen Zaun, die für die kommenden Jahre aufgestellten Mobilräume "erinnern an den Innenhof eines Lagers - vor allem, seitdem die Container da sind, fühle ich mich manchmal wie in einem Gefängnis." Wieder andere sollen einfach an die alte Schule erinnern. Leere Klassenzimmer zeigen, "dass ich nicht mehr da bin". Dann Bilder, auf denen eine Person, nur der Rücken ist zu sehen, auf das Gebäude schaut, "so, wie ich die Schule immer betrachtet habe".

Die Antworten zeigen, mit welchen Gefühlen die Schülerinnen und Schüler auf das Schwinden des Gebäudes, in dem sie einen großen Teil ihres bisherigen Lebens verbracht haben, blicken. "Ich gehöre zur ersten Generation an Gesamtschülern hier am Neuenhof", erläutert ein Jugendlicher. "Ich habe den Anfang erlebt, ich erlebe jetzt die Mitte. Und ich würde auch gerne das Neue erleben." Ein zweiter ergänzt: "Mit Blick auf das Theater, das in die Schule integriert werden soll, wäre es interessant zu erfahren, ob sich auch die Bildung ändert." Andere fiebern dem Abitur entgegen, freuen sich, endlich fertig zu sein, oder blicken mit Sorge auf das, was bald kommt: Finde ich einen Ausbildungsplatz, werde ich an der Uni angenommen, was genau möchte ich überhaupt machen? Fragen, auf die - noch - die Antworten fehlen. "Irgendwie habe ich Angst vor der Zukunft", formuliert eine Schülerin.

Immer wieder dreht sich unser Gespräch aber auch um Erlebnisse der zurückliegenden Jahre. Die Art zu lehren und zu lernen hat sich seit dem ersten Schultag an der Gesamtschule gewandelt. "Als wir anfingen, haben wir noch in Büchern geblättert. Heute machen wir fast alles digital." Klar, das hat Vorteile, und die überwiegen auch, darin ist man sich einig. Doch auch die negativen Aspekte werden von den Jugendlichen nicht ausgeblendet: Man ist schneller abgelenkt, die Ablage funktioniert nicht so gut wie in einem Schnellhefter. Dann sind da die einschneidenden Erfahrungen, die während des Corona-Lockdowns gesammelt wurden. "Ich mache mir Sorgen, dass man eines Tages sagt, Schule geht auch ohne einen festen Ort, dass der Lehrer nur noch per iPad zu den Schülern nach Hause kommt." Lange sprechen wir über das Lernen auf Distanz, Prüfungen und Hausaufgaben am heimischen Computer. Die Monate ohne Präsenzunterricht haben Spuren hinterlassen, prägen bis heute. Auch positiv: "Man hat zu schätzen gelernt, dass immer ein Lehrer da ist, der direkt zu einem kommen und helfen kann, wenn man eine Aufgabe nicht versteht."

Die Ausstellung "Schulgeschichten" ist noch bis Freitag, 2. Dezember, in der Kunst- und Technikwabe im Schulzentrum Neuenhof, Zeithstraße 72, zu sehen; für zehn Euro ist ein begleitender Ausstellungskatalog erhältlich. Bestellung per Mail an lea.krueger@ge-siegburg.de oder flora.kurum@ge-siegburg.de.

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