vom 09.06.2022

Galkins Flucht aus Russland

Russischer Superstar war 2015 in der Rhein-Sieg-Halle zu Gast

Siegburg. Im Januar 2015 brachte Maxim Galkin mit seinen Parodien des russischen Präsidenten Wladimir Putin das Publikum in der ausverkauften Rhein-Sieg-Halle lauthals zum Lachen. Erst zehn Monate zuvor war die Armee des größten Staats der Erde im ukrainischen Donbass einmarschiert und hatte die Halbinsel Krim annektiert. Die staatlich gelenkten Medien brachten sich gegen Oppositionelle in Stellung. Galkin durfte sich als einer von Wenigen öffentlich über Putin lustig machen, war er doch, so der "Stern", "so beliebt wie Günther Jauch und Hape Kerkeling zusammen".

Zu Galkins Ruhm trug sicherlich auch die Ehe mit der fast 30 Jahre älteren Alla Pugatschowa bei. Auch sie ein Superstar, die wohl bekannteste Schlagersängerin des Ostblocks, eine sowjetische Ikone. "Eine Ausstrahlung wie Madonna, sagen viele, die Pugatschowa in den 1970er-Jahren als Sexsymbol verehrten", war in siegburgaktuell zu lesen. 1987 sang sie im Duett mit Udo Lindenberg, fragte: "Wozu sind Kriege da?"

Zurück zum Galkin-Auftritt in Sieburg 2015. Die Plakate, die damals für das Gastspiel des Entertainers warben, waren ausschließlich auf Kyrillisch. Zielgruppe: die russischsprachige Community. Manch einem Siegburger war dies ein Dorn im Auge. "Wissen Sie, ob der Mann nicht Kremlpropaganda betreibt?", war eine nicht selten formulierte Beschwerde, die von den Mitarbeitern der Rhein-Sieg-Halle beantwortet werden musste.

Seit einigen Wochen tauchen die Namen Maxim Galkin und Alla Pugatschowa wieder in deutschen Medien auf. Doch nicht wegen "Kremlpropaganda". Sein Gesicht darf nicht mehr im russischen Fernsehen gezeigt werden, sein Shows sind abgesagt, sein Besitz beschlagnahmt. Die staatlichen Sender betreiben eine Rufmordkampagne gegen das Paar. Die Ehe: nur inszeniert, um Galkins Popularität zu steigern. Oder um seine Homosexualität zu verbergen. Homosexualität ist in Russland, freundlich ausgedrückt, maximal geduldet. "Wenn ein Mensch, von dem alle wissen, dass er ein Homo ist, als Ablenkungsmanöver, zur persönlichen Bereicherung und für seine Karriere eine betagte Frau heiratet und seine Fans davon zu überzeugen versucht, dass sie eine wahre Liebe verbindet, dann wird das ganze Ausmaß der Scheinheiligkeit, der Verlogenheit und der allgemeinen Qualitäten dieses Menschen deutlich", hetzt Margarita Simonja, Chefin des Propagandasenders Russia Today. "Und du erlaubst es dir, mein Vaterland mit Dreck zu bewerfen!?"

Was ist geschehen? 

Am 24. Februar, wenige Stunden nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine, fasste Galkin seine Gedanken bei Instagram in Worte. "Ich bin seit den frühen Morgenstunden in Verbindung mit meinen Verwandten und Freunden in der Ukraine. Es ist nicht in Worte zu fassen, wie ich fühle! Wie ist all das nur möglich? Es kann keine Rechtfertigung für Krieg geben!" Neuneinhalb Millionen Menschen folgen dem Entertainer.

Anfang März verließen Galkin und Pugatschowa mit ihren - der nächste Skandal: von einer Leihmutter ausgetragenen - Zwillingen Russland, weilen nun in Israel. Galkin hat jüdische Vorfahren. Aus dem Exil argumentiert er weiterhin gegen den Angriffskrieg. "Ich kann nicht anders, als Fragen zu stellen, die jeder normale Mensch stellen muss. Am Vortag des Osterfests treffen russische Raketen ein Wohnhaus in Odessa. Eine Familie kommt ums Leben, ein drei Monate alter Säugling stirbt. Wie passt das zusammen? Erklärt mir das! Fangen wir damit an, dass Raketen keine Wohnhäuser zum Ziel haben sollten. Weder an Werktagen noch an Feiertagen. Ich hörte, dass diese ach so genaue Rakete ein Wohnhaus getroffen hat, weil sie von der ukrainischen Luftabwehr abgeschossen wurde. Also heißt das, dass die Luftabwehr ihre Arbeit einstellen muss, und dann ist alles in Ordnung? Russland ist an so vielen schrecklichen Dingen schuld, behauptet aber, keine Schuld zu tragen. Die Gräueltaten in Butscha - das waren wir nicht! Die malaysische Boeing - das waren wir nicht! Mariupol dem Boden gleichgemacht - das waren wir nicht! Eine Rakete schlägt in Odessa ein - das waren wir, aber nicht ganz! Alles waren wir nicht, aber was machen wir dann dort?"

Der Kreml reagiert, lässt vermelden, dass Galkin in Israel in einen Mordfall verwickelt sei, seine erkrankte Frau im Sterben liege. Die legt sich derweil, ebenfalls bei Instagram, mit dem russisch-orthodoxen Priester Andrei Tkatschew an, der die "Flucht" des Ehepaares begrüßte: "Gott, wie lange habe ich darauf gewartet!" Pugatschowa konterte: "Deine Freude kommt zu früh. Ich werde zurückkehren, und wir werden die Dinge klären."

Galkin geht in diesem Monat in Israel auf Tournee. Alle Auftritte sind ausverkauft.

YouTube: "Udo Lindenberg & Alla Pugatschowa: Wozu sind Kriege da? (live 1987)"

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