vom 01.11.2021

Veteranen und Viktoria

Museumsgespräch regt zum Nachdenken übers Denkmal an

Siegburg. SEDAN liest man am Denkmal in übergroßen Lettern. Nüchtern betrachtet, war Sedan die Stätte kriegsentscheidender Überlegenheit im Jahre 1871. Weiter und tiefer gedacht, gehört Sedan fest zu einem während der Kaiserzeit entworfenen deutschen Gründungsmythos, den wir heute als Inbegriff für die preußische Überheblichkeit verstehen. Sie leitete 1914 über in einen grausamen Krieg.

Ein Bürgerantrag im März 2021 führte zu einer kurzen, aber hitzigen Debatte im städtischen Hauptausschuss. Welche Form des Gedenkens an den 150. Jahrestag des deutsch-französischen Krieges ist die geeignetste? Beschlossen wurde ein Museumsgespräch, das nicht auf die schon häufig rekapitulierte Entstehungsgeschichte des Denkmals eingehen, sondern vielmehr ein Schlaglicht auf die Denkmalsväter vom Kameradschaftlichen Verein Siegburg werfen sollte.

Dies tat Stadtarchivar Jan Gerull am Donnerstagabend im Museum. Wer vom Bürgerantrag und der Diskussion im Ausschuss vor einem halben Jahr auf ein gesteigertes Interesse an der Thematik schloss, sah sich getäuscht. Die Besucherzahl blieb im einstelligen Bereich. Dieser harte Kern kam nach dem Vortrag angeregt miteinander ins Gespräch.

Der Kameradschaftliche Verein geht 1866 aus dem Komitee hervor, das den Siegern von Königgrätz einen triumphalen Empfang bereitete. Der auf seine Initiative zurückgehende Denkmalbau ist 1877 beendet. Den waffenbrüderlichen Geist beschwört die Gemeinschaft in den folgenden Jahrzehnten. Sie marschiert mit Orden behangen durch die Stadt, feiert die Kaisergeburtstage, ehrt die Gefallenen am Denkmal, erteilt den Veteranen vergangener Schlachten regelmäßig das Wort und lädt zu erbaulichen Vorträgen rund um Monarchie und Militär.

Die kameradschaftlichen Rituale tragen religiöse Züge. Da ist der feste Glaube, nämlich den an die Majestät, das Vaterland und seine Stützen, die Offiziere. Da sind die "sakralen" Erkennungsmerkmale in der Gestalt von Fahnen, Orden und Abzeichen, getragen auf prozessionsgleichen Paraden. Da sind die toten Soldaten von 1866 und 1871, am Denkmalfuß verewigt, die in den Heiligenstand erhoben werden. Da ist schließlich die hohe Säule selbst, ein Kultobjekt in Form einer Kanone. Der Raum davor wird zur Freiluftkirche.

Heute, da waren sich die Zuhörer einig, erfülle das Monument keine gesellschaftliche Funktion mehr, ist nur noch "Teil der Stadtmöblierung". Es links oder rechts liegenzulassen, erscheint unangebracht. "Das Denkmal regt dazu an, sich mit Wertvorstellungen und deren Wandlungen auseinanderzusetzen. Vom Militarismus zum Pazifismus. Vom Nationalismus zu internationaler, speziell europäischer Kooperation und Einigung. Vom Feindbild Frankreich zum Partner Frankreich", so Gerulls Fazit. Er regt - ganz dem Beschluss des Hauptausschusses folgend - eine Tafel unterhalb der Viktoria an, die erklärt, auf dem Boden welcher Denktradition der Blickfang auf dem Markt einst gen Himmel wuchs.

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