vom 16.07.2021

Die Schäl Sick vor 2.000 Jahren

Geschichtsverein reiste zu den Germanen

Siegburg. Sie sind doch politisch gefestigt? Überraschende Frage des Guides, der die Gruppe des Siegburger Geschichtsvereins auf der ersten Post-Lockdown-Exkursion im LVR-Landesmuseum in Bonn empfing. Gezeigt wird die Ausstellung "Germanen. Eine archäologische Bestandsaufnahme", und weil die Germanen - ein unscharfer Sammelbegriff für die vor 2.000 Jahren lebenden Völker zwischen den Kelten im Westen und den Skythen im Osten - und das angeblich germanische Wesen in der jüngeren deutschen Geschichte als ideologische Kampfbegriffe missbraucht wurden, musste der Museumserklärer seine Zuhörer gleich vorweg von möglicherweise falschen Vorstellungen befreien.

Wir beginnen nicht bei Adam und Eva, setzen ein wenig später ein, bei den Alten Römern. Sie formen den Begriff "Germania", entleihen ihn wohl von Stämmen, die zur Zeit Christi im Gebiet des heutigen Belgien siedeln. Diese frühen Flamen und Wallonen nutzen für jene auf der anderen Seite des Rheins das G-Wort. Wir sehen die Bewohner von Weser und Elbe, Donau und Weichsel durch die Augen der Zivilisierten: Was an schriftlichen Quellen über die Bärenfellträger (planvoll geschneidertes Bärenfell als Winterbekleidung, nicht die primitiven Umhänge, die uns die Filmwelt vorgaukelt) stammt aus römischer Provenienz. Tacitus lässt grüßen. 

Der Siegburger Verein erfuhr Erstaunliches. Der Rhein ist kein Eiserner Vorhang. Waren und Personen wechseln fluide hin und her, die Römer importieren Bären, die der Unterhaltungsindustrie dienen, in den Arenen gegen Gladiatoren aufgehetzt wurden. Wenige Jahre nach Ankunft der Legionen ist das östliche Einzugsgebiet des großen Stroms bärenfrei.

Die Germanen handeln mit den Römern, an Lebensart übernehmen sie wenig. Ihre Häuser bleiben hölzern, was durch Witterung und Fäulnis einen Neubau in jeder Generation notwendig macht. Sie lehnen Geldwirtschaft ab, in die Münzen der Linksrheinischen bohren sie Löcher, nutzen sie als Halsschmuck. Sie haben Schweine, Ochsen und Schafe, leben mit dem Vieh unter einem Dach.  Die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel schöpfen sie restlos aus, kleinste Tierknochen werden zu Werkzeug.

Gerste und Hirse sind die Feldfrüchte, die in einem zwei bis drei Kilometer großen Radius um ihre Dörfer gedeihen. Zumindest im Umkreis der Siedlungen gibt es ihn nicht, den unduchdringlichen Urwald, den Tacitus beschreibt. Eher eine offene Waldlandschaft. Die Vorfahren produzieren Eisen, aber längst nicht in der römischen Quantität. Buntmetall fehlt ihnen ganz. Sie sind in ständiger Bewegung, schon vor der Völkerwanderung mischen sich die Sippen dauerhaft, folgen demjenigen, dem die Götter das größte Kriegsglück verheißen. Ihr Gesellschaftsaufbau gleicht der Organisationsstruktur moderner Unternehmen, ist geprägt von flachen Hierarchien.

Natürlich wird auch sie im Landemuseum beschrieben, die legendäre Varusschlacht im Jahre 9 n.Chr. in Kalkriese nahe Osnabrück. Die Germanen kennen die hohle Gasse am Ausläufer des Teutoburger Waldes, durch welche ihre hochaufgerüsteten Feinde kommen. Kommen müssen. Tagelang tobt der asymmetrische Krieg, dann sind die Römer geschlagen. Deren Waffen streicht man ein, die Einzelteile der Besiegten überlässt man den Krähen. Was nicht vergessen werden darf: Zwar finden in Kalkriese bis zu 20.000 Römer den Tod, eine gewaltige Niederlage für die Weltmacht. Aber auch die Verluste auf Seiten der Guerillas sind enorm. Ganzen Landstrichen fehlen in der Folge die jungen Männer. 

Foto: Bonn in der Römerzeit. Eine sehenswerte Visualisierung empfängt den Besucher in der Ausstellung.

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