vom 20.01.2021

Unschätzbares Glück

Umjubelte Kaiser-Übernachtung in Siegburg 1794

Siegburg. Sang- und klanglos, erst recht ohne Jubel, ging in dieser Woche ein Jahrestag über die Bühne: 150 Jahre Spiegelsaal von Versailles, 150 Jahre Reichsgründung. Wilhelm I. war der erste Kaiser des Deutschen Reichs, der letzte Kaiser des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation war der Habsburger Franz II. Der war am 14. Juni 1794 zu Gast in Siegburg, wie wir dank des Hennefer Heimatforschers Ralph Hühnermann erfahren.

Hühnermann wertete das Organ mit dem reichlich langen Titel "Kaiserliche Reichs-Ober-Postamts-Zeitung" zu Köln aus, in dem am 17. Juni 1794 über das besagte Ereignis berichtet wird: "Siegburg, 15. Juni - Uns ward gestern Abends nach 6 Uhr das unschätzbare Glück zu Theil, Se. K.K. Maj. in unseren Mauern zu besitzen. Allerhöchstdieselbe nahmen Dero Absteigequartier an hiesigem kaiserl. Posthause, wo der Monarch übernachtete, und heute Morgens um 5 Uhr, nach auferbaulichst beigewohntem h. Meßopfer, in erwünschtem Wohlseyn Dero Reise weiter fortsetzte."

Hühnermann ist den Spuren des Blaubluts mit Akribie gefolgt. Franz II. traf am 7. April 1794 bei seiner österreichischen Armee in Brüssel ein, die gegen die Franzosen kämpfte. Als sich die Heere der Revolution näherten, rückte er ab und reiste wieder gen Wien. Auf dem Weg nächtigte er in Siegburg. 

Wo stand das im Artikel erwähnte "kaiserliche Posthaus"? Dafür lohnt ein Blick in die Postgeschichte. Im 17. Jahrhundert ging die Post am Beu, also an der heutigen Ecke Aulgasse/Alte Poststraße, ab. Die Station hielt Pferde vor, lag an der "Schnellstrecke" Köln-Frankfurt. Ab 1761 sprechen wir von einer kaiserlichen Poststation der Familie Thurn und Taxis in den Mauern der Stadt - zunächst in der Nähe des Kölntores, Bahnhofstraße 2, dann, eine Dekade später, am Markt 45, heute Wäscherei Schulz. 

Das Posthaus steht seit 1985 unter Denkmalschutz, in der entsprechenden Akte heißt es: "In dem Haus Markt 45 befand sich seit 1771 bis ins 19. Jh. eine taxische Posthalterei. Der damalige 'magister postarum' Conrad Halm nahm im Jahre 1773 seinen Diensteid auf Carl Anselm Fürst von Thurn und Taxis und erwarb wohl auch in dieser Zeit das Gebäude. Er ließ es für seine Zwecke umbauen und renovieren."

Bot das zugegeben prächtige Gebäude am Markt aber hinreichend repräsentative Räumlichkeiten für den Herrscher? Forscher Ralph Hühnermann meldet Zweifel an: "Ich vermute, dass reisende Exzellenzen über Siegburg wohl eher beim Abt als in der Poststation abgestiegen sein dürften?"

Schnelle Kuriere brauchten im ausgehenden 18. Jahrhundert für die Strecke Köln-Wien übrigens fünf Tage.

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