vom 22.01.2021

Besoffen durch den Winter

Überlebenskünstler in Siegburger Weihern

Siegburg. Karpfen blau ist ein beliebtes Festessen an winterlichen Feiertagen, gerne in Kombination mit einem guten Weißwein. Heute möchten wir Ihnen jedoch einen "blauen" Karpfen vorstellen.

Ein versteckter Bewohner Siegburgs ist die Karausche aus der Familie der Karpfen. Versteckt nicht nur wegen ihrer Lebensweise unter Wasser. Versteckt vor allem auch, da dieser Fisch flache, verschlammte und verkrautete stehende Tümpel und Teiche, die sich im Sommer auch stark erwärmen dürfen, kalten, schnellfließenden und dadurch sauerstoffreicheren Flüssen vorzieht. Erstaunlicherweise kommt der aufgrund dieser Vorliebe auch als "Moorkarpfen" bezeichnete Kiemenatmer durchaus mit Eiseskälte zurecht, überlebt selbst ein vollständiges Durchfrieren von Gewässern über mehrere Monate.

Wie macht die Karausche das? Sie kommt quasi besoffen durch den Winter - und die immer heißer werdenden Sommer. Den dafür notwendigen Alkohol produziert sie selbst. Sind Muskeln mit Sauerstoff unterversorgt, beim Menschen kommt dies beispielsweise durch Sport vor, entsteht Milchsäure. Die Karausche wandelt diese mit Hilfe von zwei Proteinen in Alkohol um. Bis auf 50 Milligramm in 100 Millilitern Blut kann das Verhältnis ansteigen. Das Auto sollte man bei diesem Wert stehenlassen. Die Moorkarpfen drosseln auf diese Weise ihren Energieumsatz um bis zu 90 Prozent, wirken nahezu lethargisch. Der produzierte Alkohol wird von den Fischen über die Kiemen auch ins Wasser abgegeben - allerdings viel zu wenig, als das dieser als Frostschutzmittel dienen könnte.

Wenig Energieumsatz bedeutet auch, dass nur wenig Nahrungsaufnahme notwendig ist. Doch selbst für den "kleinen Hunger" hat die Karausche vorgebeugt, indem sie in guten Zeiten, wenn sie mit ihrem staubsaugerartigen Maul reichlich Zuckmücken- und Eintagsfliegenlarven vom Gewässergrund sammelt, einen Zuckervorrat im Leber- und Muskelgewebe anlegt. Wie erfolgreich die Moorkarpfen damit sind, zeigen die beeindruckenden Maße, die die Fische erreichen können. Mehr als einen halben Meter lang und drei Kilo schwer können sie werden, aus Russland sind sogar fünf Kilo schwere Exemplare überliefert.

Kaum zu glauben, dass dieser Überlebenskünstler in Deutschland als "stark gefährdet" eingestuft ist. Grund dafür ist, wie könnte es anders sein, der Mensch, indem er Tümpel und Moorgewässer trockenlegt, Flussaltarme und Auen eindeicht. Mit der Ernennung zum "Fisch des Jahres 2010" wollte der Verband Deutscher Sportfischer auf die Gefährdung dieser Lebensräume aufmerksam machen. Foto (Fischzucht Pilgram GmbH): Karausche (oben) und Spiegelkarpfen.

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