vom 22.11.2020

Royale Pokale

Weingläser im Museum erinnern an denkwürdigen Prinzenbesuch

Siegburg. Das Stadtmuseum freut sich über neu zugegangene Weinpokale, sogenannte Kristallrömer, mit royaler Geschichte. Sie führen zurück in den Oktober 1902. Prinz Heinrich, der jüngere Bruder von Kaiser Wilhelm II., Großadmiral und begeisterter Automobilist, hat mit seinem geliebten Vehikel in der Nähe von Siegburg eine Panne. Seine Entourage erkundigt sich nach einem Reparaturort, und wenig später steht der hemdsärmelige Preußenprinz in der Werkstatt der Kraemers in der Holzgasse. So berichtet es die Familienchronik, geschrieben von Wilhelm Peter Kraemer im Jahre 1909. Die Siegburger erkennen fachmännisch: "Es war ein amerikanisches Dampfmobil, dessen Kessel glühend geworden war, so daß sämtliche Röhrchen, wohl 100 an der Zahl, undicht waren. Der Chauffeur hatte vergessen zu speisen."

Speisen ist das richtige Stichwort. Der Ehrengast steigt, wohl um keinen Rummel um seine Person aufkommen zu lassen, bei den Kraemers ab, denen der Schweiß auf die Stirn tritt. Was auftischen? Es ist nichts anders da als Beefsteak und gekochter Schinken. Heinrichs Adjutant winkt gelassen ab: "Das wird ihm ganz recht sein, er liebt eine einfache, deftige Kost."  

Heinrich isst, lacht, lobt den ausgeschenkten Tropfen von der Mosel, plaudert aus dem Nähkästchen. "Die Leute irren, wenn sie meinen, dass wir immer nur feinen Wein trinken. Mein Bruder und ich trinken bei Tisch einen einfachen Moselwein. Bei festlichen Anlässen natürlich bessere Marken."

Die Zeit vergeht, die Gastgeber sind bald so vertraut mit dem Blaublüter, dass sie die Anrede "Königliche Hoheit" vergessen und zum einfachen "Sie" überwechseln. Der Prinz schlägt das angebotene Bett im Hotel "Zum Stern" aus, schläft nach eigenen Angaben "patent" im Hause Kraemer und düst am nächsten Tag, nicht ohne ein ordentliches Frühstück eingenommen zu haben, unter dem Jubel des Publikums ab. 

Einige Tage später erreicht ein lebensgroßes Bild mit folgender Widmung die Siegburger Unternehmer: "Herrn Wilh. Peter Kraemer zur Erinnerung an meinen Aufenthalt in seinem Hause 13.-14. Oktbr. 1902, Heinrich Prinz von Preußen." Die Kraemer-Söhne gehen nicht leer aus, erhalten Fotografien mit Autogramm. Die Werkstattmeister heften sich eine "werthvolle Busennadel" des Royals an, die Dienstmädchen, die beim Essen geholfen und eilig das Prinzengemach hergerichtet haben, freuen sich über 10 Mark. In der Folgezeit darf Kraemer die immer größer werdende Eisengießerei "Prinz Heinrichwerk" nennen.   

Die Chronik verschweigt, dass der Ehrengast sich im Nachhinein außerdem mit den Weingläsern erkenntlich zeigte. Sie wurden lange in der Familie verwahrt und nun dem Stadtmuseum übergeben.

Kristallrömer - Prinz Heinrich

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