vom 18.08.2020

Fred Gottlieb ist tot

Jüdischer Arzt schrieb das Buch "Meine Kindheit in Siegburg"

Siegburg. Er hätte allen Grund gehabt, niemals wieder deutschen Boden zu betreten. Er tat es trotzdem.

Wie der Stadtverwaltung gestern bekannt wurde, ist Fred Gottlieb am 24. Juli in Jerusalem gestorben. Er wurde 90 Jahre alt. Der Mediziner, der im Rentenalter aus New York nach Israel zog, entstammte einer angesehenen Siegburger Arztfamilie.

Vater Leo praktiziert in der Kaiserstraße 25, dort, wo heute der Kaufhof steht. 1938 beugen sich die jüdischen Gottliebs dem Druck der Nazis und wandern aus.  Vater Leo hat zu diesem Zeitpunkt keine Zweifel mehr: Dieses Land, für das er im Ersten Weltkrieg kämpfte, ist nicht mehr seine Heimat. Die brennenden Synagogen, die Parolen  "Deutsche wehrt Euch, kauft nicht bei Juden!" versteht der Mediziner als das, was sie sind: eine offene Kriegserklärung. Gottlieb geht nach Amerika, wo er einige Zeit später - die Wirren hatten ihn von den Kindern getrennt - wieder mit seinem Sohn Fred zusammentrifft.

Als 78-Jähriger kehrt Fred Gottlieb an den Michaelsberg zurück. "Meine Kindheit in Siegburg" heißt das Buch, das er auf den Literaturwochen im Stadtmuseum vorstellt. Es ist der 10. November 2008, genau 70 Jahre nach der Pogromnacht. Die Lesung im Stadtmuseum ist restlos ausverkauft, Gottliebs Siegburg-Fazit trotz der Naziverfolgung positiv: "Ich hatte eine glückliche Zeit mit meinen Eltern. Ich weiß noch genau, wie alles aussah: das Haus, der große, idyllische Garten, die Wohnung, die Arztpraxis meines Vaters."

2011 empfängt Fred Gottlieb eine Siegburger Reisegruppe in Jerusalem, die renommierte "Jerusalem Post" berichtet über den Besuch der Kreisstädter, die Gottlieb durch die Gedenkstätte Yad Vashem führt. Zuletzt schrieben wir 2015 über ihn. Damals sandte er 96 Namen von getöteten Siegburger Juden an den Erinnerungsort. siegburgaktuell ergänzte: "Wenn man dann die 82 Siegburger Juden hinzufügt, die schon in Yad Vashem verzeichnet sind, kommt man auf die Zahl 178." Foto: Fred Gottlieb (rechts neben dem Stein) mit seiner Familie auf dem jüdischen Friedhof an der Heinrichstraße im Herbst 2008.

Fred Gottlieb mit seiner Familie auf dem jüdischen Friedhof an der Heinrichstraße im Herbst 2008

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